Süddeutsche Zeitung

WM-Affäre:Beckenbauer will von Millionenzahlung nach Katar nichts gewusst haben

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Franz Beckenbauer hat in der WM-Affäre jegliche Kenntnis von einer Millionenzahlung von seinem Konto in Richtung Katar bestritten. "Ich habe erst vergangenen Mittwoch erfahren, dass das Geld nach Katar gegangen ist", sagte der ehemalige Chef des Organisationskomitees der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 der Bild am Sonntag.

Die Ermittlungen der Kanzlei Freshfields beim Deutschen Fußball-Bund hatten zuvor ergeben, dass im Juli 2002 sechs Millionen Schweizer Franken von einem Konto von Beckenbauer und seinem noch im gleichen Monat gestorbenen Manager Robert Schwan zunächst in die Schweiz und von dort nach Katar an eine Firma des dubiosen FIFA-Spitzenfunktionärs Mohammed bin Hammam geflossen waren.

"Stellen Sie sich vor, die WM wäre geplatzt"

Davon habe er nichts gewusst, beteuerte Beckenbauer. "Robert hat mir alles abgenommen - vom Auswechseln der Glühbirne bis hin zu wichtigen Verträgen", sagte der 70-Jährige. In der Nachbetrachtung habe er "vielleicht Fehler gemacht", sagte Beckenbauer.

Der 70-Jährige bestreitet aber weiter vehement, dass mit der ominösen 10-Millionen-Schweizer-Franken-Zahlung Stimmen für die WM-Vergabe gekauft worden sein. "Dafür definitiv nicht! Wir haben keine Stimmen gekauft." Beckenbauer betonte erneut, es habe sich um eine Sicherheit gehandelt, um vom Weltverband Fifa einen Finanzzuschuss für die WM zu bekommen. "Sonst hätten wir keine WM in Deutschland gehabt", sagte Beckenbauer. Das OK habe das Geld dringend benötigt. "Stellen Sie sich vor, die WM wäre geplatzt. Was für eine Blamage für Deutschland", so Beckenbauer.

Das sagen die Freshfields-Anwälte über Beckenbauers Aussagen

Die Freshfields-Anwälte beurteilten die Aussagen so: "Es ist für uns kaum vorstellbar, dass man derartige Geldbewegungen auf eigenen Konten nicht mitbekommt." Beckenbauers Unkenntnis sei "befremdlich".

Ebenso schwer vorstellbar ist, dass Beckenbauer nicht mehr zu dem Verwendungszweck sagen kann. Angeblich, diese Version ist die offizielle des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), floss das Geld, damit der Verband den 170-Millionen Zuschuss durch den Weltverband FIFA bekommt. Bin Hammam saß damals in der FIFA-Finanzkommission und im FIFA-Exekutivkomitee. Er bestreitet aber, jemals auch nur einen Cent erhalten zu haben.

Otto Schily: "Aber das schmälert seine Verdienste nicht"

"Dass der Beckenbauer leider in wirtschaftlichen Dingen manchmal auch ein bisschen, sagen wir mal, sehr leichtfüßig gehandelt hat, das will ich mal auch nicht jetzt in Abrede stellen, und leider hat er sich dann vielleicht auch auf Berater verlassen wie diesen Herrn Schwan, der leider nicht mehr am Leben ist und den man nicht mehr befragen kann, und sich da vielleicht dann auch, wie gesagt, leichtsinnig verhalten hat", sagte der frühere Bundesinnenminister Otto Schily, der damals im OK-Aufsichtsrat saß, dem Deutschlandfunk: "Aber das schmälert seine Verdienste dafür, dass er die Weltmeisterschaft nach Deutschland geholt hat, nicht."

Beckenbauer gab an, die Überweisung und die angeblich nötige Vorleistung für den Zuschuss nicht hinterfragt zu haben. Dies wäre "frech" gewesen, weil man es schließlich mit Leuten in höchstem Amt und Würden zu tun gehabt hätte. Die Hoffnung, dass die offenen Fragen und der WM-Skandal doch noch in Gänze aufgeklärt werden kann, liegen nun auf den staatlichen Ermittlungsbehörden. Dass bin Hammam oder Warner bereitwillig Auskunft geben, ist nicht zu erwarten.

Die Freshfields-Anwälte kamen deshalb nur zu dem Schluss, dass es für die Vorgänge rund um Beckenbauer, Louis-Dreyfus und bin Hammam keine "plausible Erklärung" gebe.

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