Süddeutsche Zeitung

Schwimm-WM: Phelps vs. Lochte:Der ewige Zweite schlägt zurück

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Lange konnte US-Schwimmer Michael Phelps seine Sportart dominieren, bei der WM in Shanghai wird er ausgerechnet von seinem Landsmann Ryan Lochte überholt. Über 200 Meter Lagen siegt Lochte sogar in Weltrekordzeit - und kündigt forsch weitere Wundertaten an.

Claudio Catuogno, Shanghai

James Magnussen, 20, hat am Donnerstag etwas Pech gehabt. Er ist in Shanghai Weltmeister über 100 Meter Freistil geworden. Das hatte vor der WM (außer ein paar optimistischen Australiern) kaum jemand erwartet, nun kam er nach 47,63 Sekunden vor dem Kanadier Brent Hayden (47,95) und dem Franzosen William Meynard (48,00) ins Ziel. Damit machte Magnussen dem zuletzt ins Hintertreffen geratenen australischen Schwimmsport Hoffnung auf bessere Zeiten. Das alles ist natürlich kein Pech.

Pech ist, dass außerhalb Australiens kaum jemand davon erfahren wird. Nirgends wird zu lesen sein, dass er schon mit 16 zweimaliger Jugendmeister war, dann aber erst mal die Schule fertig gemacht hat (womit er ein beruhigendes Gegenbeispiel ist zu den vielen Gold-Chinesinnen bei dieser WM, die nie die Zeit hatten für Schule vor lauter Training).

Niemand wird davon erfahren, wie bald er danach schon Schlussschwimmer der australischen Staffel wurde, wie er zunächst unglaublich schnell war, aber ohne Renntaktik. Und auch sein Trainer Brant Brest wird verschwiegen werden, der Magnussen an der Macquarie-University traf und ihn in Sydneys Olympiahalle zum Siegschwimmer formte.

Und warum das alles? Wegen Phelps. Und wegen Lochte. Mal wieder.

Phelps gegen Lochte, Lochte gegen Phelps, dieses Duell überstrahlt alles in Shanghai. Hier der Gewinner von 14 olympischen Goldmedaillen. Dort dieser andere Amerikaner, der ständig neben Phelps schwamm und immer knapp hinter ihm anschlug. Aber irgendwann hat Ryan Lochte den Spieß umgedreht.

Und inzwischen ist Lochte für Phelps das, was Phelps lange für Lochte war: Ansporn und Trauma zugleich. Über 200 Meter Freistil war Lochte am Dienstag bereits schneller gewesen als Phelps. Nun also der Endlauf über 200 Meter Lagen. Am Mittwoch beim Abendessen hatte Phelps noch erzählt, wer hier gewinnen wolle, müsse den ersten Weltrekord auf der Langbahn seit Ende der Anzugs-Ära brechen.

Er sollte Recht behalten. Es gewann: Lochte. In 1:54,00 Sekunden. Zehn Hundertstel schneller als seine eigene Bestzeit von der WM 2009 (als Phelps diese Strecke nicht im Programm hatte).

So sauer wie nun in Shanghai hat man Michael Phelps selten gesehen. "Ich muss bei Olympia noch besser in Form sein", das ist nun seine Lehre. Ryan Lochte kündigte an, dass es "auch ohne Anzug bald noch viel mehr Rekorde geben wird". Es sind in Shanghai aber auch einige der Meinung, davor sollte man den Schwimmsport besser bewahren.

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Quelle:
SZ vom 29.07.2011
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