Süddeutsche Zeitung

Wahl zum Weltfußballer:Es gewinnt der röhrende Hirsch

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Cristiano Ronaldo verwundert mit einem merkwürdigen Schrei, die deutschen Fußballfans zweifeln das Ergebnis der Fifa-Wahl an - und der Kapitän vom Inselarchipel Guam verehrt Thomas Müller. Reaktionen auf die Wahl zum Weltfußballer des Jahres.

Ausgerechnet vom portugiesischen Kapitän bekam Cristiano Ronaldo keine Stimme. Der fand: Der Spanier Sergio Ramos sei der beste Fußballer des Jahres. So eitel, wie alle sagen, ist Cristiano Ronaldo also gar nicht: Der Kapitän der portugiesischen Nationalelf hat sich nicht selbst gewählt.

Die Fifa-Wahl zum Weltfußballer hat der Angreifer von Real Madrid am Montagabend in Zürich auch ohne die eigene Stimme überlegen gewonnen. Je 209 Nationaltrainer und Kapitäne, dazu knapp über hundert von der Fifa sowie dem Magazin France Football auserwählte Journalisten durften abstimmen. 37,66 Prozent stimmten für den portugiesischen Angreifer. Lionel Messi kam auf 15,76 Prozent, FC-Bayern-Torwart Manuel Neuer belegte mit 15,72 Prozent den dritten Platz. (Wer wen gewählt hat, ist in der Liste der Fifa zu sehen.)

Bundestrainer Joachim Löw votierte natürlich für Manuel Neuer, sein Kollege Kim Pan Gon aus Hongkong beispielsweise ebenso. Jason Cunliffe, Kapitän von Guam, einer Insel des Marianen-Archipel, findet dagegen: Thomas Müller sei der beste Spieler des Jahres 2014. Aserbaidschan-Trainer Mahmud Gurbanow dagegen verehrt für Arjen Robben. Doch von Afghanistan bis Zimbabwe, von Antigua und Barbud bis Vanuatu - die meisten Stimmen heimste einmal mehr einer ein: Cristiano Ronaldo. Als er auf der Bühne stand, schrie er laut und dunkel auf. Es klang wie der Brunftschrei eines Hirsches. Da wollte einer wohl sein Revier markieren.

"Vielleicht hole ich Messi ja nochmal ein", sagte Ronaldo, die Trophäe in der Hand. "Ich möchte in die Geschichte des Fußballs eingehen als Bester und ich bin auf dem richtigen Weg. Ich werde alles geben, dieses Ziel zu erreichen." Messi hat die Wahl viermal gewonnen, Ronaldo nun zum dritten Mal. Seit 2008 kam immer einer der beiden zum Zuge.

Manuel Neuer wusste schon vorher, wie es für ihn werden würde: "Gegen Offensivspieler anzutreten, ist als Torwart natürlich schwer. Ich bin trotzdem stolz, unter den besten Dreien gewesen zu sein."

Bundestrainer Löw sagte zu dem Ergebnis: "Aus deutscher Sicht bin ich natürlich ein bisschen enttäuscht. Aber Ronaldo und Messi sind überragende Spieler, die jedes Jahr 40 oder 50 Saisontore erzielen." Philipp Lahm urteilte nach der Entscheidung in einem TV-Interview fast wortgleich: "Alle drei sind überragende Fußballer, die anderen beiden schießen halt viele Tore."

Toni Kroos dagegen steckte in der Zwickmühle. Er spielt in der Nationalmannschaft vor Neuer, bei Real Madrid hinter Ronaldo. Er sagte deswegen diplomatisch: "Ich habe damit gerechnet, dass es eng wird zwischen Ronaldo und Manu. Manu hätte es verdient gehabt, er war der beste Torhüter. Aber Cristiano hat es auch verdient, er war der beste Feldspieler."

Die Fans des FC Bayern und der deutschen Nationalmannschaft waren sich dagegen einig: Nicht Ronaldo, sondern Neuer hätte den Preis verdient gehabt. Auf Twitter taten sie ihre Unzufriedenheit kund.

Es entsteht ein wenig der Eindruck: Bei der Weltfußballer-Wahl geht es zu, wie beim Eurovision Song Contest - die Spieler aus dem eigenen Land werden klar bevorzugt. Ob sie nun besser waren oder nicht. Fast alle deutsche Trainer, die ein Nationalteam in der Welt trainieren, stimmten für Neuer.

Felix Kroos, der Bruder von Diplomat Toni Kroos, äußerte sich auf Twitter. Er schrieb: "Deutsche Brille mal abnehmen! Absolut verdient."

Und wie fanden die Fußballfans, dass Messi bereits zum zweiten Mal in Serie von Ronaldo auf Platz zwei verwiesen wurde? Damit beschäftigten sie sich nicht, denn ihre ganze Aufmerksamkeit galt dem bordeauxfarbenen Anzug des Argentiniers.

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