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VfL Wolfsburg in der Champions League:Schürrle spielt sich frei - und schweigt

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Auch bei den strengen russischen Grenzbeamtinnen während der quälend langen Passkontrolle am Flughafen Scheremetjewo stand der Wolfsburger Held stumm herum. André Schürrle wollte nach seiner 30-minütigen Gala mit eigentlich zwei Toren beim ganz wichtigen 2:0 des VfL bei ZSKA Moskau einfach nichts sagen. Der Matchwinner lächelte auch bei der Rückreise mit fast einstündiger Verspätung Mittwochnacht vom Ort seines ganz persönlichen Triumphes alle Anfragen beharrlich weg - so wie ihm zuvor in der kleinen Moskauer Chimki Arena sämtliche Begehrlichkeiten nur ein spitzbübischen Grinsen wert gewesen waren.

So blieb es auch nach der Rückkehr. Stattdessen postete der Musikliebhaber Schürrle bei Twitter: "Zurück in Wolfsburg. Adeles neues Album. Unglaubliche Songs." Sehr angetan war zuvor sein Klub VfL Wolfsburg gewesen. Über die Vorstellung des Nationalspielers und die neue Lage in der Gruppe B. Durch den Sieg in Moskau und das 0:0 zwischen Manchester United und dem PSV Eindhoven ist für den Tabellenführer das Achtelfinale ganz nah.

"Nein, ich sage nichts", grummelte der Weltmeister nach seinen beiden Toren, von denen die Uefa später das erste Moskaus Keeper Igor Akinfejew als Eigentor zuschrieb. Offenbar sind die Kritik des Trainers und das häufige Reservisten-Dasein nicht spurlos an dem Stürmer vorbeigegangen.

"Er hat sich selbst in ein Loch geredet"

"Wir haben ihn oft kritisiert, aber im Nebensatz auch immer gesagt, dass wir an ihn glauben und ihm die Zeit geben. Leider hört der Spieler dann immer nur den ersten Teil und legt danach die Ohren an", sagte Sportchef Klaus Allofs und deutete damit an, dass sich ordentlich Frust aufgestaut haben muss. "Wir haben ihn teilweise auch heftig kritisiert", bekannte Trainer Dieter Hecking, der erst vor kurzem angemerkt hatte, dass seine "Geduld nicht unendlich" sei mit Schürrle, der zu oft in den vergangenen Monaten eine einzige Enttäuschung war.

Auch den Mitspielern ist nicht entgangen, dass sich Schürrle selbst in eine Krise manövriert hat. "André hat gezeigt, dass er genügend Qualität hat, um aus dem Loch, in das er sich selbst so ein bisschen reingeredet hat, wieder rauszukommen", sagte Max Kruse. Schürrle war nach schwachen Auftritten zuletzt zweite Wahl. Hecking wusste aber am Mittwoch, bei wem er sich zu bedanken hatte. "André hat es sehr gut gemacht. Man sollte ihm das erste Tor wieder zuerkennen", forderte der Trainer sogar.

Wolfsburg hat nun beste Chancen, erstmals die K.-o.-Runde in der Champions League zu erreichen. Im letzten Vorrunden-Spiel gegen Manchester United am 8. Dezember genügt dem DFB-Pokalsieger ein Punkt zum Weiterkommen. Die Europa League ist auf jeden Fall gesichert.

Bleibt der VfL Tabellenführer, winkt in der ersten K.o.-Runde gar ein vermeintlich leichterer Gegner. Schürrles Auftritt bedeutet für Wolfsburg damit bares Geld. Endlich spielte der Angreifer auch einen Teil seiner mit über 30 Millionen Euro sehr hohen Ablösesumme ein, bei der nicht wenige von Anfang an mit dem Kopf geschüttelt hatten. Mindestens zwei Millionen Euro an UEFA-Prämien war der Sieg von Moskau wert. Sollte Wolfsburg das Achtelfinale nun nicht doch noch verspielen, kämen weitere 5,5 Millionen hinzu.

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