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Europa League:Ein für die Bundesliga verlorener Cup

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Die Bilanz deutscher Teams im Uefa-Pokal beziehungsweise in der Europa League fällt in diesem Jahrtausend bescheiden aus. So richtig Lust scheint kein Klub auf den Wettbewerb zu haben.

Kommentar von Ulrich Hartmann

Der Eurofighter von 1997 war beides zugleich: Prototyp und Auslaufmodell. Der gleichnamige Kampfjet steckte noch in der Entwicklung, aber das hat niemanden daran gehindert, Fußballer nach ihm zu benennen, die ihren ultimativen Triumph feierten. Die damaligen Eurofighter aus Gelsenkirchen-Buer, Fachfremden als FC Schalke 04 bekannt, gewannen vor 23 Jahren den Uefa-Pokal. Auf ihrem Höhenflug zum Titel bugsierten sie in dieser Reihenfolge Kerkrade, Trabzon, Brügge, Valencia, Teneriffa und Inter Mailand aus dem Weg. Diese Namen sind in den Text eines Liedes eingearbeitet, das die Schalker Fans stolz bis heute singen.

Zur Mannschaft damals gehörten Spieler wie Jens Lehmann, Olaf Thon und Mike Büskens, mittlerweile alle in den Fünfzigern. Sie sind die bislang letzten deutschen Fußballer, die diesen Cup geholt haben. Das Giuseppe-Meazza-Stadion in Mailand, in dem die Schalker das Final-Rückspiel im Elfmeterschießen gewannen, wird demnächst abgerissen.

Bevor Leserbriefe kommen: Ja, es waren seither weitere deutsche Fußballer in den Gewinn dieses Wettbewerbs involviert. Markus Babbel und Dietmar Hamann haben 2001 mit dem FC Liverpool den Uefa-Cup geholt, Marko Marin saß auf der Ersatzbank, als 2013 sein FC Chelsea die Europa League gewann, und Piotr Trochowski saß auf der Bank, als 2014 sein FC Sevilla triumphierte. Solch stille Beteiligungen haben aber nicht gerade den Eindruck erweckt, dass der deutsche Fußball in der Europa League eine Hauptrolle ausfüllt. Seit der Cup vor elf Jahren umbenannt wurde, haben es der Hamburger SV 2010 und Eintracht Frankfurt 2019 ins Halbfinale geschafft. Mehr war nicht. Als Borussia Dortmund 2002 und Werder Bremen 2009 immerhin das Finale erreichten (aber verloren), hieß der Wettbewerb noch Uefa-Pokal.

Tatsächlich nie geheißen hat er "Cup der Verlierer". So hat ihn dereinst bloß Franz Beckenbauer verunglimpft, wenn seine champions-league-verwöhnten Bayern mal ausnahmsweise in den kontinentalen Niederungen antreten mussten. Im europäischen Turnier unterhalb der Königsklasse gibt es deutlich weniger Geld zu verdienen, und weil die Spiele in den meisten Fällen donnerstagabends ausgetragen werden, müssen die Klubs ihre nachfolgenden Bundesligapartien an jenem ungeliebten Sonntag absolvieren, an dem auch Fans weniger Lust auf Fußball verspüren.

So ist in den vergangenen Jahren der Eindruck entstanden, dass die deutschen Vereine keine rechte Freude mehr an der Europa League haben. Nicht einmal in diesem Sommer, in dem die finalen Runden coronabedingt in Nordrhein-Westfalen ausgetragen werden, hat es ein deutsches Team ins Halbfinale geschafft. Als letzter Vertreter schied in Bayer Leverkusen jener Klub aus, über den dessen Manager Rudi Völler vor zwei Jahren sagte: "Wir wollen den deutschen Fußball in der Europa League so vertreten, wie sich das gehört." Seither schafften sie es ein Mal ins Sechzehntel- und diesmal ins Viertelfinale. Damit waren sie aktuell zwar bester hiesiger Klub. Aber gehören könnte sich für Klubs der Bundesliga ja vielleicht doch mal wieder ein bisschen mehr.

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Quelle:
SZ vom 13.08.2020
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