Süddeutsche Zeitung

TSV 1860 München:Paket für Köllner abzugeben

Lesezeit: 3 min

1860-Sportgeschäftsführer Gorenzel muss für eine weitere Drittliga-Saison planen.

Von Markus Schäflein

Natürlich hätte Michael Köllner gerne die Relegation um den Aufstieg in die zweite Fußball-Bundesliga bestritten, und besonders gerne, weil es gegen seinen früheren Verein, den 1. FC Nürnberg, gegangen wäre. Der Trainer wusste aber ja auch, dass es nur noch eine Minimalchance war, die der TSV 1860 München an diesem letzten Spieltag vergeben hatte: "Es wäre eine einmalige Konstellation gewesen, von Platz sieben auf den Relegationsplatz zu springen. Aber weder haben wir unsere Aufgabe erledigt noch hat Duisburg Federn gelassen, also brauchen wir uns darüber nicht großartig einen Kopf zu machen."

Am Ende führte der deutliche Sieg der Duisburger gegen Unterhaching dazu, dass sich die müde gespielt wirkenden Sechziger über ihr eigenes 0:2 gegen Ingolstadt nicht allzu sehr grämen mussten. Selbst mit einem Sieg hätten sie nur noch die DFB-Pokal-Teilnahme erreichen können; diese ist aber auch über den bayerischen Verbandspokal möglich. Dort sind im Halbfinale noch die Würzburger Kickers dabei, die sich als Aufsteiger qualifiziert haben; für die Löwen gilt es also noch die Regionalligisten - Memmingen und eventuell noch Aschaffenburg - auszuschalten. Wann der Verbandspokal fortgesetzt werden kann, ist angesichts der Corona-Pause im Amateurfußball allerdings offen. "Wie es auch immer abgewickelt wird, wir sind noch im Rennen", sagte Köllner.

So wie der Trainer allgemein viel Positives sagte. "Also, in ein Loch falle ich nicht", berichtete er: "Das würde ja heißen, dass man enttäuscht ist, aber wir sind ja zufrieden. Die Mannschaft hat sich top präsentiert, das ist es, was für mich zählt." Er habe den Anhängern seit seinem Amtsantritt im November "guten Fußball bieten" wollen - und das sei "gelungen", findet er: "Jetzt geht es darum, "dass man in Ruhe analysiert, sich erholt und dann schaut, wie es in der Zukunft aussieht."

Wie es in der Zukunft aussieht? "Das wird man sehen", erklärte Sport-Geschäftsführer Günther Gorenzel. Er war diesmal anstelle eines Spielers beim Fantalk des Biersponsors anwesend - mit einigem Recht, denn es ging ja kaum noch um die vergangene Partie, bei der auch Gorenzel die rapide sinkenden Kräfte zum Ausklang der irre hastigen Corona-Saison diagnostizierte. Sondern es ging vor allem schon um die nächste Spielzeit, für die nicht nur Investor Hasan Ismaik sich via Facebook wünschte: "Wir greifen wieder an."

Die Begeisterung einiger Fans über die zuletzt erzielte wirtschaftliche Einigung zwischen den e.V.-Vertretern und der Investorenseite teilt Gorenzel offenkundig nicht uneingeschränkt. "Wir haben jetzt ein wirtschaftliches Basispaket verabschiedet - ich betone: ein Basispaket", sagte Gorenzel. Und dieses Paket sei "ein Fundament, mit dem die Risiken und Schäden von Corona kompensiert werden". Soll wohl heißen: Der Kaderplaner hofft, aber geht momentan nicht davon aus, dass er für die kommende Saison mehr Geld zur Verfügung hat als für die gerade beendete. Womöglich wird es sogar weniger sein, wie es schon vor der Pandemie eingeplant war. "Es gibt eine Kompensation, eine wirtschaftliche Absicherung", sagte Gorenzel, mehr aber auch nicht: "Man muss hier mit einer realistischen Erwartungshaltung herangehen.

Wir werden das auch immer klarer nach außen kommunizieren." Ob es für Sechzig schon ein großer Wettbewerbsvorteil sein könnte, den Etat nicht brutal zu kürzen, wird sich erst dann zeigen, wenn klar ist, wie andere Drittligisten mit den Folgen der Corona-Krise zurechtkommen. Zunächst hat sich Gorenzel um einige auslaufende Verträge zu kümmern, etwa bei Angreifer Sascha Mölders, Verteidiger Aaron Berzel oder dem aus Augsburg geliehenen Mittelfeldspieler Tim Rieder. Immerhin, die Gerüchte und Mutmaßungen um Trainer Köllner müssen die Anhänger nicht mehr so sehr sorgen. Der Oberpfälzer hat einen laufenden Vertrag, dessen Verpflichtungen Sechzig angesichts der Darlehensvereinbarungen mit Ismaik erfüllen kann. Sollte also Köllners ehemaliger Nürnberger Weggefährte Andreas Bornemann - mittlerweile Sportchef bei Zweitligist FC St. Pauli - tatsächlich anrufen, wird Köllner nach einem halben Jahr in Giesing nicht schon gehen wollen. Zuletzt fragte er: "Mache ich den Eindruck, dass ich fahnenflüchtig werde?" Und selbst wenn er sich einen Umzug nach Hamburg vorstellen könnte, wo ihn ohnehin kaum jemand verstehen würde: Verträge sind ja sogar bei Sechzig gültig.

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SZ vom 06.07.2020
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