Süddeutsche Zeitung

TSV 1860 München:Investoren lassen Schäfer fallen

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Nach Präsident Schneider und Sportdirektor Hinterberger soll nun auch Geschäftsführer Schäfer den Münchner Zweitligisten 1860 verlassen. "Wir suchen eine Person mit mehr Fachwissen im Fußball", heißt es von Investorenseite.

Von Markus Schäflein und Philipp Schneider

Wenn Noor Basha etwas Wichtiges zu sagen hat, dann tut er es gerne in der Lounge des Hotels Mandarin Oriental, bei sanftem Licht und sanften Pianoklängen. Und der Cousin und Münchner Statthalter des arabischen 1860-Investors Hasan Ismaik hatte etwas Wichtiges zu sagen. Der Liste von Personen, die beim Fußball-Zweitligisten gehen sollen, fügte er nach dem (bereits verabschiedeten) Präsidenten Dieter Schneider und dem (noch arbeitenden) Sportdirektor Florian Hinterberger einen weiteren Verantwortlichen hinzu: Auch Geschäftsführer Robert Schäfer steht auf der Liste der Ungeliebten.

"Herr Ismaik glaubt, dass jeder, der eine Position bei 1860 einnimmt, ein Profi sein muss", gab er als Grund an. "Kein Amateur." Er schlug vor: "Machen Sie doch mal eine Umfrage im Internet: Ist Robert Schäfer professionell? Ja, nein, ist mir egal." Braucht der Klub also einen Nachfolger für Schäfer? "Ja." Warum? "Wir suchen eine Person mit mehr Fachwissen im Fußball."

Das Verhältnis zwischen Schäfer, der Ismaik im Januar 2012 noch gegenüber Ismaik-Widersacher Schneider verteidigte mit den Worten, man dürfe dem Geldgeber "nicht dauernd ans Schienbein treten", und dem Jordanier hatte sich schleichend verschlechtert. Zwischenzeitlich hatte Ismaiks Variante gelautet, man müsse Schäfer wohl noch jemand "zur Seite" stellen. Der Gipfel aus Sicht des Investors war der vergangene Sonntag, als Schäfer beim 1:1 gegen Cottbus Sportdirektor Hinterberger gegen Ismaiks Forderung ("We need a new sportchef") verteidigte: Das sei "nicht fair", hatte Schäfer erklärt. "Solche Feuer aus den eigenen Reihen kann er mit mir machen, aber nicht mit meinen Leuten." Das kam gar nicht gut an: "Schäfer hat einen Fehler gemacht", sagte Basha. "Einen großen Fehler." Einen solchen hatte auch Ismaik selbst gemacht, gab Basha zu, als er Hinterbergers Demission öffentlich gefordert hatte: "Vielleicht war er übermotiviert oder was auch immer."

Am Sonntag hatte Schäfer wohl längst erkannt, dass die Gunst der Vereinsseite das Einzige ist, das ihn im Amt halten könnte - Ende Mai müsste sein stets von November bis November laufender Vertrag neu verlängert werden. Und die Personalie geht in ihrer Bedeutung weit über die Frage nach etwa dem Sportchef oder dem Trainer hinaus: Ist ein KGaA-Geschäftsführer erst einmal installiert, können ihn beide Gesellschafter - dem Kooperationsvertrag gemäß - nur einvernehmlich entlassen.

Noch nicht äußern wollte sich Basha hingegen zum neuen Präsident Hep Monatzeder, der am Donnerstagabend Wahlkampf bei der Fanvereinigung Pro1860 betrieb: "Im Fußball gelten die gleichen Regeln wie im internationalen Business", sagte er. "Erst nach drei Monaten soll man die Arbeit eines Menschen beurteilen." Monatzeder müsse allerdings "realistischer" denken. "Die Leute können nicht sagen: Wir tun gar nichts, bis Herr Ismaik bezahlt."

Basha glaubt an eine Einigung zwischen Investor und Club

Manchmal muss das mit dem Beurteilen aber auch ein bisschen schneller gehen. An diesem Freitag wird der frühere ägyptische Nationaltrainer Hassan Shehata, der Ismaik künftig in sportlichen Fragen beraten soll, laut Basha erstmals am Trainingsgelände erscheinen. Am Samstag soll er auch zum Auswärtsspiel zum FC St. Pauli reisen, danach werde er vorerst "rund zwei Wochen" bleiben. "Er soll das Training ansehen, Spiele ansehen und einen Bericht verfassen", erklärte Basha. Künftig werde Shehata regelmäßig anwesend seien. Als Trainer oder Sportchef komme er aber - ganz im Gegensatz zum zuvor vorgeschlagenen Sven-Göran Eriksson - nicht in Frage. Der Ägypter habe schließlich "niemals in Europa gearbeitet". Ismaik habe, was einen neuen Sportchef angehe, schon "einige Namen im Kopf".

Auch ein neues Spielersichtungssystem sei dringend nötig. "Die eigene Nachwuchsarbeit ist sehr gut, das macht uns sehr stolz", sagte Basha. "Aber das Scouting müssen wir in den Fokus nehmen, das ist sehr, sehr, sehr wichtig." Dies werde einer der Hauptpunke seiner Arbeit im Klub sein; er wolle "offiziell involviert" sein, sagte Basha: Er habe beste Kontakte und auch selbst als Scout gearbeitet, "in der Golfregion und in Nordafrika". Bei welchem Klub oder für wen, verriet er nicht.

Allem Ärger der vergangenen Tage zum Trotz glaubt Basha offenbar ernsthaft an eine Einigung zwischen Investor und Klub. "Ich denke, dass in zwei, drei Wochen alles klar sein wird", sagte er, "wenn nicht, wird die nächste Saison eine Katastrophe". Stellte sich noch die Frage, ob Hasan Ismaik in all diesen Fragen genauso denkt wie sein Cousin. Die sei "ganz einfach, ganz klar, superklar" zu beantworten, sagte Noor Basha und betonte: "Wir reden mit einer Zunge."

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Quelle:
SZ vom 12.04.2013
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