Süddeutsche Zeitung

Tennis Borussia Berlin:Zu viel Politik auf der Brust

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In der Regionalliga Nordost schwelt ein Streit darüber, wie politisch ein Trikot sein darf. Nun protestiert Tennis Borussia in einem offenen Brief gegen ein Verbot des Verbands - und schlägt vor, die Spielordnung zu ändern.

Von Tammo Blomberg, Berlin

Die Wahl der Schriftzüge und Embleme, die Fußballer zu Werbezwecken auf ihrer Arbeitskleidung tragen, löst bei Fans und Beobachtern immer wieder Debatten aus. Man frage nach in Bremen, wo einst Fans protestierten, weil Werder das Logo eines Geflügelherstellers aufs Trikot druckte, beim 1. FC Nürnberg, der zum Zeitpunkt der Nuklearkatastrophe von Fukushima für einen Atomkonzern warb, oder beim FC Bayern, wo den Trikotärmel das Logo der staatlichen Fluggesellschaft Katars ziert.

In der Regionalliga Nordost ist seit einiger Zeit das Trikot von Tennis Borussia Berlin Diskussionsgegenstand. Allerdings nicht wegen eines umstrittenen Großkonzerns, sondern weil der Klub, zu Beginn der Saison noch ohne Hauptsponsor, auf der freien Fläche den Opferfonds Cura für Betroffene rechter Gewalt bewerben wollte - und der Verband ihm das verbot. In einer Stellungnahme Ende Juli hatte der Nordostdeutsche Fußballverband (NOFV) erklärt, es handele sich um "Werbung für politische Gruppierungen und politische Aussagen", die die Spielordnung explizit verbietet. Für Aufsehen sorgte die Begründung insbesondere wegen der darin formulierten Sorge, es könnte sich "eine bestimmte Gruppe von Personen durch die Werbung provoziert fühlen". Einige Tage später präzisierte der NOFV: Der Aufdruck sei zu politisch, weil nur rechte Gewalt thematisiert werde, nicht aber "Gewalt von links und weitere Formen von Aggressionen und Diskriminierungen". Man stehe Rassismus zwar entschieden entgegen, die Werbung sei aber unvereinbar mit der politischen Neutralität des Verbandes.

Am Mittwoch nun publizierte Tennis Borussia auf seiner Internetseite einen offenen Brief, den neben Fanorganisationen auch einige Ligakonkurrenten und prominente Politiker unterzeichnet haben, und kritisiert den Verband darin scharf: Man könne und wolle "die Entscheidung nicht so stehen lassen". Dass die demokratische Zivilgesellschaft an der Seite von Opfern ideologisch motivierter Gewalttaten stehen müsse, sei selbstverständlich, heißt es - der NOFV stelle diese Selbstverständlichkeit mit seinem Verbot aber infrage.

Sollte der Verband bei seiner Bewertung bleiben, dass die Werbung der Spielordnung widerspricht, könne man die Ordnung anpassen, schlugen die Berliner vor - ein solcher Beschluss sei unverzüglich möglich. Der NOFV hat auf diesen Vorstoß bislang nicht reagiert.

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