Süddeutsche Zeitung

Trainer des FC Bayern:Rotes Tuch bei Jupp Heynckes

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Von Werner Bartens

Friedrich der Große konnte Erste Hilfe leisten. Als sein Vertrauter Hans Karl von Winterfeldt während einer Unterredung starkes Nasenbluten bekam, wollte sich dieser entfernen, doch der König hielt ihn zurück, ließ den General seine Ärmel hochkrempeln, löste dessen Zopfband und wickelte es ihm fest um den Arm. "Augenblicklich hörte das Nasenbluten auf", vermerkt der Chronist. Die ungewöhnliche Behandlung des Alten Fritz ist zwar nicht in medizinische Lehrbücher eingegangen, weist jedoch darauf hin, was heute noch gilt: Nasenbluten ist zwar lästig, aber fast immer harmlos - und hört meist von allein wieder auf.

Insofern muss man sich kaum Sorgen um Jupp Heynckes machen. Der 72-jährige Bayern-Trainer bekam schon in der ersten Halbzeit des Pokal-Krimis gegen Leipzig heftiges Nasenbluten. Sein helles Hemd war blutbesprenkelt. Heynckes hatte nicht nur, wie üblich, gerötete Wangen, sondern auch rote Flecken auf dem Hemd. In der Pause wechselte er die Wäsche und versuchte fortan, den Blutfluss mit Wattestopfen zu unterbinden.

Bergsteiger, Piloten oder Fahrstuhlführer sind oft betroffen

Meist ist eine Verletzung der Schleimhaut der Grund für Nasenbluten. Erkältungsleiden, mechanische Reizung - etwa durch Nasebohren -, aber auch die trockene Luft in klimatisierten Räumen machen die dünne Schutzschicht noch empfindlicher. In der vorderen Nasenscheidewand befindet sich zudem der Locus Kiesselbachi, ein stark durchblutetes Gefäßgeflecht, in dem ohne erkennbare Ursache feinste Kapillaren platzen und zu Nasenbluten führen können. Wer als Bergsteiger, Pilot oder Fahrstuhlführer immer wieder wechselndem Luftdruck ausgesetzt ist, blutet zumeist aus dieser Quelle - wer Stimmungsschwankungen beim FC Bayern auszuhalten hat, womöglich auch.

Krankheiten wie Grippe, Masern und Diabetes können ebenfalls die Blutungsneigung aus der Nase erhöhen, genauso wie Stress, Bluthochdruck und die Einnahme von Blutverdünnern. Es gibt eine Reihe seltener Leiden, bei denen Blutungen leichter auftreten oder die Gefäße krankhaft erweitert sind. Bis dieser Verdacht aufkommt, müssen die Beschwerden allerdings ausgeprägt sein. Ansonsten gilt: Häufiges ist häufig, Seltenes selten - oder wie Ärzte es ausdrücken: Wer in Europa Hufgetrappel hört, sollte nicht an Zebras denken.

Die oft beobachtete Praxis, den Kopf in den Nacken zu legen, ist übrigens falsch. Nicht nur hört die Blutung dann nicht eher auf, vielmehr besteht die Gefahr, dass Blut verschluckt wird und in den Magen gelangt. Dies führt bei vielen Menschen zu Übelkeit. In der Unruhe, die Nasenbluten gerade bei Kindern häufig auslöst, trägt Erbrechen nicht unbedingt zur Beruhigung der Situation bei. Ratsamer ist es, zu stehen oder zu sitzen, den Kopf gerade zu halten oder nach vorn zu beugen. Eiswürfel zu lutschen sowie ein kalter Waschlappen im Nacken lindern die Beschwerden, Tamponaden in den Nasenlöchern verhindern größere Sauereien.

Für Heynckes ist es durchaus von Vorteil, dass ihm das Malheur nicht während einer Asienreise des FC Bayern passiert ist. Medizinisch ist das zwar unsinnig, aber in Japan gilt Nasenbluten als kulturelle Chiffre für Lüsternheit und starke Triebe.

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Quelle:
SZ vom 27.10.2017
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