Süddeutsche Zeitung

Tischtennis:"Vielleicht war sie das größte Talent, das wir hatten"

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Petrissa Solja, die mehrmalige Tischtennis-Europameisterin, verkündet ihren Abschied - mit nur 28 Jahren. Sie habe in ihrem fordernden Sport alles erreicht.

Von Andreas Liebmann, München

Petrissa Solja hat viel Zeit gehabt zum Nachdenken seit dem vergangenen Sommer. Und es können nicht nur fröhliche Gedanken gewesen sein. Natürlich bekam sie mit, wie die Münchner Rudi-Sedlmayer-Halle gewackelt und gebebt hat während der European Championships im August, wie das deutsche Tischtennisteam dort getragen wurde von einem euphorischen Heimpublikum, wie es der Randsport Tischtennis nur selten erlebt. Und ausgerechnet sie, die Titelverteidigerin im Einzel und im Doppel, fehlte. Wegen Bandscheibenproblemen hatte sie absagen müssen.

Seit diesem Mittwoch weiß man nun, dass die EM in München sogar ein perfekter Abschluss ihrer Karriere hätte werden können, auch wenn man sie dafür für viel zu jung gehalten hätte. Denn das ist nun das offizielle Endergebnis ihres Nachdenkprozesses: Petrissa Solja hat ihr sofortiges Karriereende verkündet, mit 28 Jahren.

Es ist nicht der anfällige Rücken, der sie zum Abschied bewogen hat. "Ich habe sportlich alles erreicht, was ich erreichen kann, zum Teil auch Unmögliches geschafft", erklärte die Pfälzerin auf der Homepage des Deutschen Tischtennis-Bunds. "Meine Sammlung ist komplett. Was jetzt noch kommen könnte, wären Wiederholungen." Olympisches Mannschaftssilber 2016 in Rio, 2017 und 2019 WM-Bronze im Mixed, acht EM-Medaillen, dazu auf Vereinsebene drei Champions-League-Siege - recht viel mehr geht wirklich nicht, wenn man den übermächtigen Chinesinnen auch noch ein paar Erfolge zugestehen möchte - und selbst die hat sie oft genug geärgert.

"Vielleicht war sie das größte Talent, das wir hatten", ruft ihr Timo Boll hinterher, und Dimitrij Ovtcharov sagt, er habe erst mal die Luft angehalten, als er von der Entscheidung erfuhr: "Für mich ist sie nach wie vor die beste Spielerin in Europa. Ihr Spiel ist von einem unglaublichen Talent und einer großen Spielintelligenz geprägt."

Der Leistungssport sei der richtige Weg für sie gewesen, versicherte Solja, die hohen Anforderungen haben ihr dennoch schon länger zu schaffen gemacht. 2017 legte sie noch in Diensten des TTC Berlin eine längere Pause ein, weil sie "körperlich und mental erschöpft" gewesen sei - um dann in der Bundesliga überraschend zum Aufsteiger TSV Langstadt zu wechseln, für den sie in dieser Saison nun ohne Einsatz bleibt. "Tischtennis war mein Leben, solange ich denken kann", erklärte Solja. Ihr ältestes Tischtennisfoto zeige sie mit anderthalb, mit 14 spielte sie Bundesliga, und "die Erste, die ich an meinem 18. Geburtstag gesehen habe, war früh morgens die Dopingkontrolleurin". Mit einigen Monaten Abstand habe sie erkannt: Es sei Zeit für eine Veränderung.

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