Süddeutsche Zeitung

Thiago Alcántara beim FC Bayern:Der Herrscher über den Platz

Lesezeit: 1 min

Von Javier Cáceres, Berlin

Vor geraumer Zeit, als er noch beim FC Bayern spielte, sagte Arturo Vidal einen Satz, der seit Samstag als endgültig widerlegt angesehen werden kann. Um ein Finale zu erreichen, brauche man Thiago Alcántara; um ein Finale zu gewinnen, brauche man ihn, Arturo Vidal, so lautete dieser Satz sinngemäß. Widerlegt wurde die Aussage des Chilenen am Samstagabend nicht nur deshalb, weil Vidal mit dem FC Barcelona, wo er jetzt agiert, das spanische Pokalfinale gegen den FC Valencia verlor (1:2). Sondern weil Thiago zur nahezu gleichen Uhrzeit im Berliner Olympiastadion eine der Schlüsselfiguren des 3:0-Finalsiegs des FC Bayern gegen Leipzig war.

Dass die Leipziger das Gefühl beschlich, zu heftig verprügelt worden zu sein, hatte auch mit ihrer bemerkenswerten ersten halben Stunde zu tun, und dies wiederum damit, dass Trainer Ralf Rangnick den jungen US-Amerikaner Tyler Adams beauftragt hatte, Thiagos Wirken zu unterbinden. Adams erledigte die Aufgabe aufopferungsvoll und gut, mit seinen Mittelfeldkollegen schnitt er Thiago von den Versorgungswegen ab. Dann aber fiel das Führungstor für die Bayern (Robert Lewandowski/29.) - und etwa zur gleichen Zeit gelang es Thiago, sich zum Herrscher über den Platz aufzuschwingen. Das Resultat: sein dritter Pokalsieg mit dem FC Bayern.

Laut offizieller Statistik hatte der Sohn von Mazinho, dem legendären brasilianischen Weltmeister von 1994, gegen Leipzig insgesamt 98 Ballaktionen (nur Innenverteidiger Niklas Süle hatte mehr) und eine Quote gelungener Pässe von 91,8 Prozent zu verzeichnen. Gegen Leipzig aber war Thiago auch noch in einer Rubrik namens Zweikämpfe vorn. Thiago gewann 84,6 Prozent seiner insgesamt dreizehn Mann-gegen-Mann-Duelle. Zum Vergleich: Leipzigs bester Zweikämpfer des Pokal-Finales war Verteidiger Marcel Halstenberg (83,3 Prozent/zwölf Duelle).

Dass sein Wert gut als DNA-Test durchgehen könnte, weil Patriarch Mazinho für seine Mannschaften stets auch unscheinbare Aufräumarbeiten verrichtete, war das eine. Das andere war, dass Thiago den Anspruch an sich selbst erfüllte.

Das Wichtigste im Fußball sei es, nützlich zu sein, sagte er einmal in einem Interview: "Ich kann mich amüsieren, dribbeln, schießen ... Aber wenn ich mich nicht als fundamentaler Bestandteil der Mannschaft fühle, hat alles keinen Sinn." Am Samstag, gegen RB, war Thiago fundamental. Fundamental wichtig.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4463021
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 27.05.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.