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Tennisprofi Alexander Zverev:"Wir werden nicht getestet"

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Alexander Zverev zieht mühelos in die dritte Runde ein. Sein Ziel, erstmals einen Grand-Slam-Titel zu gewinnen, verfolgt der Deutsche konsequent - um sich nicht das Coronavirus einzufangen, pendelt er nur zwischen Hotel und Anlage. Sein Bruder Mischa wurde kürzlich positiv getestet.

Von Gerald Kleffmann, Melbourne/München

Da stand Alexander Zverev in aufrechter Pose und bekam endlich, worum er gebeten hatte: Buhrufe! Die abfälligen Laute von der Tribüne in der Rod Laver Arena waren auch übers Fernsehen klar zu vernehmen. "There you go", rief Zverev strahlend aus und lachte zu Dylan Alcott hinüber, der diesmal das Siegerinterview auf dem Platz führte. Der Australier war im Rollstuhltennis quasi Roger Federer und Novak Djokovic in einer Person, er dominierte seinen Sport nach Belieben. Der 31-Jährige, der seine Karriere nach diesen Australian Open beendet, gewann zum Beispiel 2021 den Golden Slam, er siegte bei allen vier Grand Slams sowie den Paralympics in Tokio. Nun aber hatte er Zverev simpel gefragt, wie der damit umgehe, der Buhmann zu sein. Der Deutsche hatte am Mittwochabend gegen einen Einheimischen gespielt, gegen John Millman. "Ich bin darauf vorbereitet, dass jeder mich hassen wird nach dem Match", sagte Zverev und grinste.

Mit 6:4, 6:4, 6:0 hatte er, der Weltranglisten-Dritte, den Weltranglisten-89. aus Brisbane klar dominiert. Der dreimalige Australian-Open-Sieger Mats Wilander befand später bei Eurosport, Zverev könnte mit seinem erstarkten Aufschlag "ein Monster" für Rafael Nadal werden. Der Spanier hatte zuvor den 2:43 Stunden lang tapfer kämpfenden Karlsruher Yannick Hanfmann mit 6:2, 6:3, 6:4 besiegt und könnte im Viertelfinale auf Zverev treffen. Nun war aber Zverev kein Ungetüm, vielmehr ein Charmeur. Für jeden hatte er ein nettes Wort übrig. Auch für Nadal ("Rafa spielt gerade unglaubliches Tennis"). Es war ein Abend, an dem Zverev nicht nur auf dem Platz punktete.

Zverev sagt: "Wenn wir getestet würden, gäbe es wahrscheinlich mehr Positive als jetzt"

So erzählte er auch die herrliche Anekdote, dass er seine olympische Goldmedaille seit langem nicht gesehen habe; sein Bruder Mischa hätte sie einmal an sich genommen, bei einer Reise. Irgendwie hatte sich die Rückführung des Preises in seine Hände noch nicht ergeben. In der Pressekonferenz dann schwärmte Zverev von Stephen Hawkings Buch "Eine kurze Geschichte der Zeit", das er lese: "Ich bin ein Riesenfan von ihm. Ich habe alle seine Bücher gelesen." Die bunten Themen überwogen zweifellos. Sportlich war alles im Lot. Doch als einmal das Thema Corona angesprochen wurde, berichtete Zverev einiges, das nun für Gesprächsstoff sorgen dürfte.

Ein italienischer Reporter hatte Zverev auf den jüngsten Positivfall beim Grand-Slam-Turnier aufmerksam gemacht. Zverev gab zu, nicht gewusst zu haben, dass der französische Profi Ugo Humbert nach dessen Aus positiv getestet wurde. Dann erzählte er, wie es bei den Australian Open hinsichtlich der Corona-Sicherheitsmaßnahmen abläuft. Beziehungsweise: nicht abläuft. "Wir werden nicht getestet. Wenn wir getestet würden, gäbe es wahrscheinlich mehr Positive als jetzt", sagte Zverev. Er gehe davon aus, dass "bestimmt einige" Spieler schon infiziert seien. Ihn wunderte dies nicht. "Dieses Jahr wird es in Australien viel mehr Fälle geben als im Vorjahr, so einfach ist das", sagte Zverev: "Wir dürfen zum Essen nach draußen gehen, dürfen tun, was wir wollen. Daher denke ich, dass es ganz normal ist, dass mehr Menschen Covid bekommen."

Nebenbei erwähnte er auch, dass der 34 Jahre alte Mischa, der auch als sein Manager fungiert, kürzlich positiv getestet worden war, beim ATP Cup in Sydney. Daraufhin musste sein Bruder in Quarantäne. Alexander Zverev, der nach seinem ersten Grand-Slam-Titel strebt und unbedingt gesund bleiben will, hat sein eigenes Verhalten komplett der Situation angepasst. "Ich mache meine eigene Blase", erklärte er. Er gehe nicht weg, etwa zum Essen in die Stadt. Er halte sich nur im Hotel und auf der Anlage auf.

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