Süddeutsche Zeitung

Alexander Zverev:Der neue Bad Boy des Tennis

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Alexander Zverev sollte derzeit in Quarantäne sein, doch in einem Club bei Monte Carlo wird er offenbar erneut Party-rückfällig. Nur kurz nach seiner vermeintlichen Einsicht bezüglich der Corona-Verstöße bei Djokovic' Tour. Die Kritik ist groß.

Von Gerald Kleffmann, Monte-Carlo/München

In normalen Zeiten und ohne die Vorfälle zuvor in Serbien und Kroatien wäre diese Geschichte wohl harmlos gewesen. Eine offene Bar, tanzende Frauen und Männer. Summer feeling an der Côte d'Azur. Diesen Eindruck zumindest musste man anhand jenes Filmchens gewinnen, das - so teilte es ein Reporter der New York Times in Sozialen Medien mit - der Modedesigner Philipp Plein am Sonntagnachmittag online gestellt hatte. Der Party-Ort ist offenbar, wie wiederum andere Fotos nahelegen, der Anjuna Plage Beach Club in Èze bei Monte-Carlo. Und in ebendiesem hielt sich offensichtlich auch Alexander Zverev auf, der bei einem Kameraschwenk hüftschwingend im Bild auftauchte. So nahm diese Geschichte dann doch Fahrt auf. Und ist seitdem in der Welt.

Es war erst sechs Tage her, da hatte Zverev, Siebter der Tennisweltrangliste, per schriftlicher Erklärung einen Kniefall zelebriert. Der 23-Jährige hatte wie andere Topprofis an der vom Weltranglisten-Ersten Novak Djokovic organisierten Adria Tour teilgenommen. Was Sicherheitsmaßnahmen bezüglich des Coronavirus betraf, lief die Schautournee in Belgrad und Zadar aus dem Ruder. Eine Party, bei der halb nackt gefeiert wurde, löste Kritik aus, die Djokovic und Gäste weitgehend ignorierten.

Das Ende: Zu den vielen positiv Getesteten zählt Djokovic samt Gattin, wie lang die Liste der Infizierten ist, wird man wohl nie erfahren. Jeder zeigte überdies mit dem Finger auf andere, wie Dominic Thiems Manager Herwig Straka ("Ich muss Djokovic die Hauptschuld geben"). Zverev (erster Test negativ) entschuldigte sich nach Abbruch der Adria Tour und versprach, er wolle die Regeln der Selbst-Isolierung beherzigen. Nun ist es so, dass Zverevs Aufstieg immer wieder von Debatten begleitet wurde, oft fühlte er sich missverstanden. Sichtlich hatte er mit manchen Rollenwechseln zu kämpfen. Deutscher ist er, die Eltern sind Russen, auf den Turnieren ist er Weltbürger und ein Star, der zu hören kriegt, er werde die Nummer eins. Dieser Tage freilich ertönt anderes.

Auch wenn das Video mit dem tanzenden Zverev gelöscht wurde (aber natürlich noch überall vorhanden ist): Es sauste durchs Netz, Größen wie Ex-Profi Chris Evert äußerten sich fassungslos ob des mutmaßlichen Fehl-Verhaltens von Zverev, nur Tage nach der vermeintlichen Einsicht Party-rückfällig geworden zu sein. Spott und Hohn machten sich breit. Am deutlichsten kritisierte ihn Nick Kyrgios. "Wie egoistisch kannst du sein?", sprach der Australier bei Instagram. Gerade nach Zverevs Entschuldigung hätte er von ihm erwartet, "14 Tage zu Hause zu bleiben", so Kyrgios: "Das kotzt mich an." Im Internet wird der 25-Jährige als Stimme der Vernunft gewürdigt. Dafür hat jetzt offenbar Zverev, von dem erst einmal keine Reaktion zur Welle der Entrüstung kam, dessen frühere Rolle als Bad Boy übernommen.

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Quelle:
SZ vom 30.06.2020
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