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Tanguy Nianzou beim FC Bayern:Die Zukunft beginnt doch jetzt schon

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Der junge Franzose Tanguy Nianzou spielt nach seiner Einwechslung beim 3:1 in Stuttgart erstmals für den FC Bayern - und könnte früher als gedacht wichtig werden.

Von Sebastian Fischer

Hasan Salihamidzic musste damals etwas klarstellen. Es war Anfang Oktober, der FC Bayern hatte gerade am letzten Wochenende einer komplizierten Transferperiode einen ziemlich kleinen Kader mit vier Zugängen in letzter Minute vergrößert. Wenn man ihn allerdings fragte, warum genau das denn so lang gedauert habe, wies der Münchner Sportvorstand berechtigterweise darauf hin, dass er schon sehr frühzeitig einen Zugang vorgestellt hatte: am ersten Tag dieser Transferperiode, um genau zu sein. Allerdings dauerte es bis Ende November, bis dieser Zugang erstmals im Trikot des FC Bayern den Rasen betrat. Und trotzdem könnte es gutes Timing sein.

Tanguy Nianzou, 18, im Sommer ablösefrei von Paris Saint-Germain gekommen, war nicht unbedingt ein Hauptdarsteller des 3:1-Erfolgs der Münchner beim VfB Stuttgart am Samstag. Er kam in der 69. Minute für den angeschlagenen Jérôme Boateng, etwas mehr als 20 Minuten lang sah er in der Innenverteidigung ein paar Stuttgarter Schüsse am Tor von Manuel Neuer vorbeifliegen, er spielte ein paar gewöhnliche Pässe und beging keinen Fehler. Doch das Ereignis war vielmehr, dass er nun erstmals mitspielte, als er nach verheilter Oberschenkelverletzung überhaupt erst zum zweiten Mal im Kader stand.

"Einen der besten Spieler Europas in seinem Jahrgang", nannte Salihamidzic den Franzosen bei der Vorstellung im Juli, schwärmte von dessen Qualitäten in der Spieleröffnung, von einer "sehr guten" Technik und Kopfballstärke bei einer Größe von 1,87 Metern. Nianzou hat zudem eine Qualität, die Salihamidzic besonders wichtig ist: Er kann auf mehreren Positionen spielen; in der Innenverteidigung, wo er im Nachwuchs von PSG ausgebildet wurde, und im defensiven Mittelfeld, wo ihn Trainer Thomas Tuchel schon ein paar Mal aufstellte, einmal sogar in der Champions League von Beginn an. Und auf beiden Positionen könnte der FC Bayern in den kommenden Wochen dringenden Bedarf haben.

Das Spiel in Stuttgart war nicht unbedingt eines für bahnbrechend neue Erkenntnisse, die Münchner spielten defensiv wie zuletzt fehleranfällig, aber offensiv wie seit Monaten zu stark, um zu verlieren. Besonders die Flügelspieler brillierten, Kingsley Coman erzielte ein Tor und legte ein weiteres vor. Das Spiel war allerdings eines, das ein paar mögliche neue Probleme offenbarte.

Jedenfalls wurden neben Boateng auch Verteidiger Lucas Hernández und Mittelfeldspieler Corentin Tolisso angeschlagen ausgewechselt. Letzterer, als Ersatz für den erst im neuen Jahr zurückerwarteten Joshua Kimmich auf der Sechserposition neben Leon Goretzka vorgesehen, habe voraussichtlich "eine Muskelverletzung", sagte Flick. "Bei Jérôme muss man abwarten." Auch der eingewechselte Javi Martínez hat muskuläre Probleme.

Nianzou ist ein Spieler für die Zukunft, in der Gegenwart wird er zumindest beim nächsten Spiel am Dienstag bei Atlético Madrid ganz sicher nicht in der Startelf stehen. Für die Champions League haben die Münchner ihn gar nicht nominiert, weil schon im Sommer absehbar war, dass er noch Zeit brauchen würde. Die Oberschenkelverletzung, die er sich im September bei der französischen U20-Auswahl zuzog, war eine hartnäckige.

Doch als Trainer Hansi Flick nun über Nianzou sprach, da betonte er auch, dass dieser die Zeit in München gut genutzt habe. "Dafür, dass er erst knapp drei Monate da ist, ist er auch mit seinem Deutsch sehr weit. Das ist schon hervorragend." Und: "Er ist ein Genuss auf dem Trainingsplatz. Er ist sehr positiv, hat immer ein Lächeln auf den Lippen. Mir macht's total Spaß mit ihm."

Das nächste Spiel des FC Bayern der Bundesliga ist das Duell mit dem Tabellenzweiten RB Leipzig. Zumindest dort würde es wohl niemanden überraschen, wenn Nianzou wieder zum Einsatz kommt. Ralf Rangnick, in der vergangenen Saison noch bei Red Bull unter Vertrag, hätte ihn auch gerne verpflichtet. Er prognostizierte neulich bei Sport1, dass Nianzou "einer der besten Innenverteidiger der nächsten zehn Jahre" sein könnte. Und bei den Bayern werde Nianzou, wenn er gesund bleibe, "spätestens in ein bis zwei Jahren Stammspieler sein". Helfen kann er nun wohl schon etwas früher.

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