Süddeutsche Zeitung

Supercup-Sieg des FC Bayern:Nagelsmann beginnt zu hamstern

Lesezeit: 3 min

Mit seinem ersten Sieg als Bayern-Trainer gewinnt Julian Nagelsmann gleich seinen ersten Titel. Die zuvor sehr wacklige Defensive zähmt sogar BVB-Stürmer Erling Haaland.

Von Ulrich Hartmann

Zwischen Abpfiff und Siegerehrung gab Robert Lewandowski bereits das erste Fernsehinterview. Nach der Bedeutung des Moments befragt, antwortete Bayern Münchens Mittelstürmer freundlich lächelnd: "Es ist der nächste Titel." Oje, klang das routiniert!

Zugegebenermaßen ist der nationale Supercup von allen sechs möglichen Klub-Titeln (Champions League, Meisterschaft, DFB-Pokal, Klub-WM, Uefa-Supercup, DFL-Supercup), die die Bayern in den vergangenen 15 Monaten ja auch tatsächlich allesamt gewonnen haben, der unbedeutendste, und man mochte Lewandowski aus seinem überschaubaren Überschwang deshalb keinen Vorwurf formulieren. Zumal fünf Minuten später etwas Merkwürdiges passierte.

Manuel Neuer erhielt auf einem Podest mitten auf dem Rasen des riesigen Dortmunder Stadions aus der Hand des DFL-Geschäftsführers Christian Seifert den durchaus respektabel ausschauenden Supercup, und als er mit dieser glänzenden Trophäe so halb in die Knie ging, um sozusagen Anlauf zu nehmen, und als er diese Trophäe dann mit Schwung in die Höhe stemmte, da lachten und jubelten und hüpften seine Mitspieler um ihn herum plötzlich derart überschwänglich, dass es auch der Champions-League-Pokal hätte sein können. Dann flog auch noch goldener Glitter durch die Luft, und es war dann wohl genau dieser Moment, über den Fußballer sagen: Titel ist Titel, Triumph ist Triumph. Selbst, wenn es bloß der nationale Supercup ist. So eine Siegerehrung ist ein Trigger-Moment für Fußballer. Sie können dann gar nicht anders als zu jubeln.

Zweiter Titel für Nagelsmann als Trainer

Kein bisschen Routine war dieser Moment für ihren Trainer Julian Nagelsmann, und das sah man ihm auch an. Das Grinsen des neuen, jungen Bayern-Trainers wirkte breiter als das aller anderen. Dabei relativierte er die Bedeutung für ihn persönlich, indem er nach der Siegerehrung sagte: "Dieser Titel gebührt den Spielern und Hansi Flick für die letzte Saison, aber ich freue mich trotzdem, und es bedeutet mir auch was." Das ziemlich souveräne 3:1 gegen Borussia Dortmund war Nagelsmanns erster Sieg mit seinem neuen Klub, und gleich mit dem ersten Sieg gab es den ersten Titel. So kann das eben laufen als Bayern-Trainer.

Für Nagelsmann, 34, war es in seiner noch jungen Trainerkarriere übrigens schon der zweite Titel. Den ersten hatte er 2014 in Hannover gewonnen, wo er mit der A-Jugend der TSG Hoffenheim das Endspiel um die deutsche Meisterschaft mit 5:0 gewann. Im Interview bei Sky nach dem Triumph am Dienstagabend zeigte sich der ohnehin oftmals selbstironische Nagelsmann dann in einer derart komödiantisch-albernen Verfassung, dass er außer Fußballpreisen demnächst vermutlich auch Kabarett-Auszeichnungen abräumen wird. "Ich habe ja so Hamsterzähne", witzelte er über seine Schneidezähne, "und da will ich in Zukunft auch Titel hamstern." Dass es für seinen Wechsel zu Bayern München offenbar also auch dentale Gründe gab, war eine exklusive und sehr überraschende Meldung, die ihren Weg in die Breaking-News-Laufbänder in jener Nacht aber trotzdem nicht mehr schaffte.

Bayerns Abwehrblock hat Erling Haaland im Griff

Durch Treffer von Lewandowski (41. und 74.) und Thomas Müller (49.) beim zwischenzeitlichen Gegentor zum 1:2 durch Marco Reus (64.) gewannen die Bayern erstaunlich souverän, weil sie ihre Chancen nutzten und weil ein zentral-defensives Quartett aus den beiden Innenverteidigern Dayot Upamecano und Niklas Süle sowie den beiden defensiven Mittelfeldspielern Joshua Kimmich und Leon Goretzka es schaffte, die Dortmunder Doppelspitze aus Erling Haaland und Youssoufa Moukoko zu entschärfen. "Wir haben super verteidigt", stellte Nagelsmann in allen seinen Interviews des Abends als Erstes heraus, denn es waren die im ersten Ligaspiel in Mönchengladbach (1:1) offenbarten Defensivschwächen gewesen, die Zweifel an den Bayern geweckt hatten.

In Dortmund stand die Münchner Elf nun sehr solide, profitierte bei ihren Treffern allerdings auch von personellen Problemen des BVB, die den Trainer Marco Rose gezwungen hatten, auf der rechten Abwehrseite einen leicht überforderten Felix Passlack aufzustellen. Über dessen Flügel konnten die Münchner freimütig ihre ersten beiden Treffer vorbereiten, beim dritten profitierten sie von einem Fehler des ansonsten eigentlich gut aufgelegten BVB-Innenverteidigers Manuel Akanji. "Wir waren für alle drei Gegentore selbst mitverantwortlich", sagte Dortmunds Kapitän Reus enttäuscht.

Um 22.38 Uhr erklang in Dortmunds Fußballtempel die Münchner Hymne "Stern des Südens" und vertrieb die letzten in Schwarz-Gelb gekleideten Zuschauer von den Tribünen. Nach der Pein dieser musikalischen Demütigung befragt, antwortete der enttäuschte BVB-Trainer Marco Rose schnippisch: "Mir egal, was hier für eine Musik läuft." Ein paar Meter weiter erklärte Bayerns Goretzka die Quintessenz des Abends, als er sagte: "Wir wollten Stärke demonstrieren und haben es gut gemacht." Das traf es auf den Punkt.

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