Süddeutsche Zeitung

Südkorea:Sonst droht der Wehrdienst

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Für Südkoreas Besten, den ehemaligen Bundesliga-Profi Heung-Min Son, steht in Russland viel auf dem Spiel.

Von Benedikt Warmbrunn

Das Halbfinale, darunter zählt nichts für Heung-Min Son. Der 25-Jährige von Tottenham Hotspur, der in früheren Jahren auch für den Hamburger SV sowie für Bayer Leverkusen gespielt hat, ist der beste, wichtigste, berühmteste Spieler der südkoreanischen Nationalmannschaft, das gesamte Spiel ist auf ihn ausgerichtet, auf ihn und auf Sung-Yon Ki, dessen Rolle vor allem darin besteht, als Zuspieler für Son zu dienen. Son wird nun auch an Südkoreas Abschneiden gemessen, und nie ist eine Auswahl der Taeguk Warriors weiter gekommen als ins Halbfinale, 2002 war das, beim Turnier im eigenen Land, damals dank der Tore von Jung-Hwan Ahn.

Ach ja, und nur das Erreichen des Halbfinales würde Heung-Min Son, den besten, wichtigsten, erfolgreichsten Fußballer seines Landes, davor bewahren, seinen Wehrdienst ableisten zu müssen.

Jeder südkoreanische Mann ist wehrpflichtig, bis zu einem Alter von 28 Jahren muss er 21 Monate im Militär gedient haben. Son müsste demnach im Juli 2019 antreten - er würde dann beinahe zwei komplette Spielzeiten verpassen. Bei erfolgreichen Sportlern macht die südkoreanische Regierung jedoch gerne eine Ausnahme, und zwar dann, wenn sie internationale Titel gewinnen. Bei den Fußballern ist die Regierung zudem nicht ganz so streng, da reicht sogar das Halbfinale bei der WM.

Südkoreas Weg

Am Anfang gelang den Tigern in der WM-Qualifikation fast alles, doch in der entscheidenden Phase holperte es dann plötzlich. So sehr, dass der deutsche Trainer Uli Stielike zwei Spieltage vor Schluss entlassen wurde. Mit Nullnummern gegen das bereits qualifizierte Iran und bei der direkten Konkurrenz aus Usbekistan zitterten sich die Südkoreaner als glücklicher Zweiter der Gruppe A in Asien dann doch noch nach Russland.

Son und seine Mitspieler sind allerdings schon in der Gruppe F der absolute Außenseiter. Die Offensive ist zwar ordentlich besetzt, neben Son und Ki sind auch noch Hee-Chan Hwang aus Salzburg oder Ja-Cheol Koo vom FC Augsburg im Aufgebot. In der Defensive allerdings fehlt den Spielern die Routine und auch die Klasse - Hyun-Soo Jang vom FC Tokio ist der einzige Abwehrspieler, der unter Trainer Tae-Yong Shin und dessen Vorgänger Uli Stielike gesetzt war. Stielike wurde im Juni 2017 gefeuert, nach einem 2:3 gegen Katar, die WM-Qualifikation war gefährdet. Unter Shin spielte Südkorea gegen Usbekistan und Iran jeweils 0:0, das reichte für die Teilnahme.

Spannend dürfte in der Partie gegen Deutschland am 27. Juni in Kasan daher wohl vor allem ein Duell werden: das optische zwischen Joachim Löw und Shin. Der Südkoreaner Shin sieht dem Badener Löw verblüffend ähnlich, schwarze, glatte Haaren, taillierte, an den Ärmeln hochgekrempelte Hemden, in die Hüften gestemmte Hände.

Für Son bedeutet diese Außenseiterrolle, dass er auf eine Überraschung wie 2002 hoffen muss - damals scheiterte Südkorea allerdings an Deutschland. Sollte Son nicht das Halbfinale erreichen, bleiben ihm zwei Chancen: die Asien-Spiele im August in Indonesien oder die Asien-Meisterschaft im Januar 2019 in den Vereinigten Arabischen Emiraten.

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Quelle:
SZ vom 14.06.2018
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