Süddeutsche Zeitung

SpVgg Greuther Fürth:Seitenblicke gen Norden

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Die Konkurrenten stecken in der Krise, die eigene Form stimmt: Die Chancen, dass Fürth in der kommenden Saison erstklassig spielt, stehen gut.

Von Christoph Ruf

Natürlich gab es aus dem Fürther Lager am Freitag die längst zum Fußball-Satire-Arsenal gehörenden Worthülsen zu hören - rund ums Von-Spiel-zu-Spiel-Denken und Nicht-auf-die-Tabelle-Gucken. Wobei Letzteres wahrscheinlich sogar stimmte, weil nach 28 Spieltagen niemand mehr aufs Klassement gucken muss, weil jeder auswendig weiß, was es noch braucht, um am Ende der Saison aufzusteigen. Beispielsweise eine gute Form, wie sie das Kleeblatt nachwies, als es am Freitag dank eines beeindruckenden zweiten Durchgangs ein 2:2 aus Darmstadt mitbrachte. Und natürlich eine gute Ausgangslage, wie sie sich aus Fürther Sicht zum Saisonfinale darstellt.

Ein Seitenblick auf die beiden Konkurrenten aus dem Norden erhärtet nämlich den Verdacht, dass die SpVgg neben dem Tabellenersten VfL Bochum die besten Chancen hat, in der kommenden Saison in der Bundesliga zu spielen. Zum einen plagt sich der Hamburger SV (Platz 3), der in der Rückrundentabelle nur einen Mittelfeldplatz belegt, mit einer Formkrise zur Unzeit herum. Und zum anderen muss Holstein Kiel vom 24. April bis zum 9. Mai satte neun Partien bestreiten, darunter auch das DFB-Pokal-Halbfinale gegen Dortmund.

Dass Fürth in der ersten Liga nicht deplatziert wäre, zeigt das Team in Darmstadt

Wie zermürbend es ist, im Saisonfinish alle drei Tage ein Spiel zu haben, weiß niemand besser als der Dresdener Trainer Markus Kauczinski, der mit seiner Mannschaft in der vergangenen Saison auch deshalb abgestiegen ist, weil sein Team als einziges in Quarantäne geschickt worden war. Zwischen den Partien könne man nur noch regenerieren, "wirklich einstudieren kann man nicht mehr viel", sagt Kauczinski. Es sei "frustrierend ohne Ende, wenn du ahnst, was möglich wäre, wenn alle Mannschaften die gleiche Ausgangslage hätten". Als Team, das aus einer zweiwöchigen Quarantäne komme, habe man letztlich keine Chance.

Das klingt nicht gut für Kiel. Aber gut für Fürth, das zwar auch noch ein Nachholspiel bestreiten muss, aber drei Pflichtspiele weniger vor der Brust hat, bis feststeht, ob das Kleeblatt nach der unglücklich verlaufenen Saison 2012/2013 zum zweiten Mal in der Bundesligageschichte wieder erstklassig ist.

Dass Fürth in der ersten Liga nicht deplatziert wäre, zeigte das Team am Freitag in Darmstadt. Es war schon beeindruckend, wie stark die Gäste nach einem schwächeren ersten Durchgang zurückkamen und den verdientermaßen zustande gekommenen 0:2-Rückstand mit Toren von Julian Green und David Raum ausglichen. Letzterer wurde auf Schritt und Tritt von U-21-Nationalcoach Stefan Kuntz beobachtet, der eine ordentliche Partie des künftigen Hoffenheimers sah. Zu guter Letzt hätte nicht viel gefehlt, und Dickson Abiama hätte kurz vor Schluss ein reguläres 3:2 erzielt. Doch der Video-Assistent befand - nach mutmaßlich einem Dutzend Zeitlupen in zwei Dutzend Auflösungen -, dass der Schütze mit der Brust im Abseits gewesen war.

Am Dienstag geht es gegen Braunschweig - ein Gegner, der sich einer ähnlichen Konter-Taktik bedienen dürfte

Dass noch 48 Stunden nach dieser Abseitsstellung einige Beobachter nach Ansicht von wiederum zwei Dutzend Zeitlupen auf "kein Abseits" plädierten, zeigt, in welch dünnem Gewand Justitia in Zeichen des Videobeweises ihren Herrschaftsanspruch beansprucht. Das fand sicher auch Trainer Stefan Leitl, dessen Spielanalyse für Darmstädter Ohren vielleicht auch deswegen einigermaßen schonungslos geklungen haben dürfte: "Ganz am Ende ist es ein glücklicher Punktgewinn für Darmstadt. Meine Mannschaft hat eine hervorragende Einstellung und Reaktion gezeigt und war in allen Belangen überlegen."

Schon an diesem Dienstag geht es gegen Braunschweig. Und damit gegen einen Gegner, der sich einer ähnlichen Konter-Taktik bedienen dürfte wie die Darmstädter. Dass die SpVgg zu den wenigen Mannschaften der Liga zählt, die auch gegen tiefstehende Gegner spielerische Lösungen findet, hat sie am Freitag erneut nachgewiesen. Um zu wissen, dass das im Aufstiegsrennen kein Nachteil sein muss, braucht man nicht einmal auf die Tabelle zu schauen.

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