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Ski-WM: Kandahar-Piste:Dickes Eis in der Hölle

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Die grenzwertige Eisschicht auf der Kandahar-Piste ist das Streitthema der Ski-WM. Um ein faires Rennen zu ermöglichen, hatten die Veranstalter jedoch keine andere Wahl.

Michael Neudecker

Festspiele im Schnee, das ist der Slogan dieser Ski-WM, die Veranstalter betonen gern, dass es keinen besseren Slogan gäbe. Nach dem ersten Renntag muss man ihnen widersprechen, es gäbe da schon eine Möglichkeit: Festspiele auf Eis.

Schon am Vortag war das zum Thema geworden, die Pistenpräparierung, die Eisschicht, die auf der Kandahar liegt. Die Amerikanerin Lindsey Vonn hatte die Piste gar als "zu gefährlich" bezeichnet, was allerdings überwiegend Kopfschütteln in der Szene hervorrief.

Ja, die Piste sei grenzwertig, so äußerten sich die meisten von Vonns Kolleginnen nach dem Rennen - einen Vorwurf aber wollte niemand sonst formulieren. Die Österreicherin Nicole Hosp etwa sprach die Hoffnung aus, die Piste möge zur Abfahrt weniger glatt sein, gewissermaßen stellvertretend für alle; auf die Nachfrage, wie das zu bewerkstelligen sei, erwiderte sie sinngemäß: Keine Ahnung. Was sonst hätte sie antworten sollen?

Natürlich ist die Kandahar eisig, zu eisig, besonders dort, wo die Bäume das Licht fernhalten, etwa in der Passage, die "Hölle" heißt. Doch der Super-G der Frauen war das erste von neun Rennen auf dieser Strecke - WM-Rennen, die höchste Qualitätsstandards erfüllen müssen.

Das bedeutet im modernen Skirennsport: Die Piste muss anspruchsvoll sein, um einen würdigen Weltmeister küren zu können und keinen beliebigen, zudem muss sie ein faires Rennen gewährleisten, indem die Bedingungen auch für Startnummer 25 noch annähernd gleich sind wie für Nummer fünf.

Die Veranstalter sind auf Nummer sicher gegangen, sie haben vor rund einer Woche, wie das üblich ist, mit dem so genannten Balken Wasser in die Piste eingespritzt. Der plötzliche Temperatur-Umschwung hat sie nun bestraft.

Durch die Wärme ist das Wasser nach oben gestiegen, und weil es nachts Minusgrade hat, wird das Wasser zu Eis. Hätten sie jedoch auf das Wasser verzichtet, hätte die Sonne den Schnee tagsüber aufgeweicht - und die Piste wäre aller Voraussicht nach schon nach einem Rennen keine WM-taugliche mehr gewesen. Die 49 Starter im Super-G der Frauen hätten sie ganz einfach kaputtgefahren.

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Quelle:
SZ vom 09.02.2011
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