Süddeutsche Zeitung

Olympia:Die Schweiz gewinnt das Alpenduell

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Von Vivien Timmler

Der gemeine Österreicher hat nichts gegen den Schweizer. Er findet seine eigenen Berge zwar imposanter, seinen eigenen Kaiserschmarrn vorzüglicher und seinen Dialekt melodischer als das lästige Schwyzerdütsch. Aber im Allgemeinen kommt man dann doch ganz gut miteinander zurecht.

Bei einem Thema aber ist es vorbei mit der Eintracht der beiden vermeintlich harmlos-neutralen Kleinstaaten: dem Skisport. Früher manifestierte sich das Kräftemessen der beiden Ski-Nationen im Duell Toni Sailer gegen Roger Staub, später hieß es dann Franz Klammer gegen Bernhard Russi, heute versucht der in Pyeongchang verletzt angereiste Carlo Janka irgendwie dem Doppel-Olympiasieger Marcel Hirscher beizukommen.

Der alpine Parallel-Team-Wettbewerb, der bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang seine Premiere feierte, war für Österreich und die Schweiz die letzte Möglichkeit, dem anderen noch einmal zu zeigen, wer in den Alpen das Sagen hat. Ausgetragen wird er im K.-o.-Modus: Angefangen beim Achtelfinale fahren pro Runde je zwei Frauen und Männer eines Landes in insgesamt vier Duellen in einem verkürzten Riesenslalom gegeneinander. Das Team mit den meisten Siegen - bei einem 2:2 werden die Zeiten der schnelleren Frau und des schnelleren Mannes gegeneinandergerechnet - kommt eine Runde weiter.

Nun sind die Alpinisten von Natur aus nicht die stärksten Eins-gegen-Eins-Fahrer. Anders als etwa Eisschnellläufer befinden sie sich in der Regel allein auf der Piste, erst im Ziel müssen sie sich mit den Zeiten der Konkurrenz auseinandersetzen. Bei eben jenem Teamwettbewerb jedoch können die Fahrer ihre Kontrahenten ständig im Augenwinkel sehen, ihre Anwesenheit spüren, das Eis unter ihren Ski kratzen hören.

Als Favoriten waren die Österreicher in den Wettbewerb gestartet: Seit der alpine Team-Wettbewerb im Jahr 2005 erstmals bei Weltmeisterschaften ausgetragen wurde, haben die Österreicher stets entweder Gold oder Silber gewonnen. Nur im vergangenen Jahr mussten sie sich bei der WM in St. Moritz - ja, ausgerechnet in der Schweiz - mit dem fünften Platz zufrieden geben. Der Gastgeber selbst landete auf dem vierten Platz, ein direktes Duell gab es damals jedoch nicht. Und ausgerechnet das haben die Schweizer bei Olympia nun für sich entschieden.

Deutsche Alpinisten bleiben in Pyeongchang medaillenlos

Dabei sah zunächst auch ohne Doppel-Olympiasieger Marcel Hirscher, der sich frühzeitig in die Heimat verabschiedet hatte, um sich auf das weitere Weltcup-Programm zu konzentrieren, alles nach der typisch-österreichischen Dominanz aus. Die Mannschaft besiegte im Achtelfinale Südkorea, im Halbfinale souverän Mitfavorit Schweden, im Halbfinale knapp die Norweger. Die Schweizer besiegten im Halbfinale die starken Franzosen, zuvor hatten sie mit Ungarn und Deutschland in den direkten Duellen aber leichtere Gegner.

Die Schweiz besiegte das deutsche Team aus Marina Wallner, Alexander Schmid, Lena Dürr und Linus Straßer im Viertelfinale jedoch nur mit einem 2:2 und aufgrund der besseren Zeiten. Die deutschen Alpinisten beenden die Olympischen Winterspiele damit erstmals seit zwölf Jahren ohne Medaille.

Das erste Final-Duell gewann schließlich eine Österreicherin: Katharina Liensberger setzte sich gegen die Schweizerin Denise Feierabend durch. Doch das sollte auch schon der letzte Triumph der Österreicher an diesem Tag gewesen sein: Erst raste Ramon Zenhäusern dem Österreicher Michael Matt in 19,46 Sekunden davon, dann holte Wendy Holdener souverän den zweiten Punkt für das Schweizer Team gegen Katharina Gallhuber und schließlich machte Daniel Yule den 3:1-Sieg und damit Gold perfekt.

Die Schweiz holt somit ihre 14. Medaille bei diesen Olympischen Spielen und zieht im Medaillenspiegel mit dem Lieblingsrivalen Österreich gleich, der jedoch eine Goldmedaille mehr auf dem Konto hat und deshalb in der Wertung weiter vor dem Nachbarland liegt. Bemerkenswert ist auf Schweizer Seite in Pyeongchang vor allem die Leistung von Wendy Holdener, die nach Silber im Slalom und Bronze in der Alpinen Kombination mit dem Team-Gold ihren Medaillensatz komplettiert.

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