Süddeutsche Zeitung

FC Bayern:Frisches Personal nur auf dem Rasen

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Von Klaus Hoeltzenbein, München

Der große Verlierer des herbstlichen, vielfach geforderten Umbruchs beim FC Bayern ist: die Autoindustrie. Präziser gesagt: der Volkswagen-Konzern samt seiner Tochter Audi. Denn während Franck Ribéry und Arjen Robben als Mittdreißiger bis auf Weiteres über die Flügel flitzen und ab und an sogar noch Spiele entscheiden (wie der Franzose jüngst beim 1:0 gegen RB Leipzig), haben die in der Dieselaffäre belasteten Top- Manager Martin Winterkorn und Rupert Stadler in der vorigen Woche ihre Posten offiziell geräumt. Beide sind aus dem Aufsichtsrat des Rekordmeisters ausgeschieden. Hinein kamen ein Geldinstitut (Michael Diederich, Unicredit-Bank) sowie doch wieder die Wolfsburger (Herbert Diess, VW-Vorsitzender).

Sonst jedoch ist in der Schaltzentrale des Rekordmeisters nicht viel passiert, im Gegenteil. Am Dienstag kam die Kunde, dass Uli Hoeneß, 66, Vorsitzender des Aufsichtsrates bleibt, am Freitag folgte als eine Art vorweihnachtlicher Doppelpass die Nachricht, dass auch Karl-Heinz Rummenigge, 63, nicht amtsmüde ist und den ursprünglich bis 31. Dezember 2019 datierten Vertrag bereits jetzt bis Dezember 2021 verlängert. Das bedeutet: Rummenigge handelt weiterhin, Hoeneß passt auf. Manchmal, das ist historisch belegt, ist es umgekehrt. Die FC Bayern München AG bleibt eine Art Wirtschaftszone mit selbsterteiltem Sonderstatus.

Ein Machtwechsel ist also zunächst verschoben. Und dies trotz der in den Saal gerufenen Unzufriedenheit vieler Klubmitglieder, mit der das ewige Münchner Führungsduo im November auf der Jahreshauptversammlung konfrontiert wurde. Nach hochdekorierten Laufbahnen als Spieler lenkt Hoeneß ja heute schon seit 1979 seinen Fußballverein (Weltrekord?), Rummenigge begleitet ihn seit 2002 als Vorstandsvorsitzender. Man würde die Herrschaften unterschätzen, würde man unterstellen, sie wüssten nicht, dass sie die Nachfolgefrage konkret angehen müssen. Begonnen haben sie schon vor langer Zeit: Mit Kandidaten wie Christian Nerlinger und Matthias Sammer, die im Managerjob getestet wurden, ging es nach langer Probezeit auseinander. Mit Philipp Lahm kam man nach einem Hoeneß-Veto nicht zusammen, als der Kapitän aus der kurzen Hose sofort in den Anzug schlüpfen wollte.

Frisches Personal wird es nur auf dem Rasen geben

Favorit auf die perspektivische Rolle "Gesicht des Vereins" ist, nach allem, was zuletzt undementiert blieb, Oliver Kahn, 49. Der Torwart hat heute einen Kommentatorenjob beim ZDF, es hieß aber, er habe Lust, selbst wieder die Dinge zu gestalten. Auf jener turbulenten Jahreshauptversammlung sah sich Hoeneß herausgefordert, die Lage konkret zu beschreiben: "Oliver Kahn kommt dann infrage, wenn Karl-Heinz aufhören sollte. Und bis dahin werden wir uns in Ruhe gedulden und ihn warmhalten." Kahn müsste demnach bis Ende 2021 auf der Warmhalteplatte sitzen, falls die vorher keiner ausstellt. Frage ist: Will er das? Geduld, das weiß jeder, der ihn im Tor erlebte, galt nicht als herausragende Eigenschaft.

Frisches Personal wird Vorstand Rummenigge also zunächst auf dem Transfermarkt finden müssen. Bekannt wurde soeben, dass die Bayern um Frankreichs Weltmeister Lucas Hernández, 22, mitbieten. Für den hat Atlético Madrid die Ablöse auf 80 Millionen Euro festgeschrieben. Geld haben die Münchner, an liquiden Mitteln fehlt es ihnen gerade am allerwenigsten.

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Quelle:
SZ vom 22.12.2018
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