Süddeutsche Zeitung

Premier League in Liverpool:Ganz Anfield applaudiert Ronaldo

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Alle Zuschauer im Liverpooler Stadion spenden Cristiano Ronaldo Trost nach dessen Schicksalsschlag - und demonstrieren, wie viel Solidarität in einem Spiel zweier Erzrivalen möglich ist.

Von Sven Haist, Liverpool

Sofern sich Cristiano Ronaldo das Premier-League-Spiel seines Klubs Manchester United beim FC Liverpool (0:4) am Dienstagabend im Fernsehen angesehen hat, dürfte ihn die Geste der Zuschauer an der Anfield Road sicherlich bewegt haben. In einer gemeinsamen Erklärung mit Freundin Georgina hatte der Portugiese "in tiefer Trauer" tags zuvor mitgeteilt, dass in der Erwartung von Zwillingen der gemeinsame Sohn die Geburt nicht überlebt habe.

Lediglich die Entbindung der Tochter gebe ihnen momentan "die Kraft", in diesem Moment "des größtmöglichen Schmerzes etwas Hoffnung und Heiterkeit" zu haben, hieß es im Statement der beiden. Das Paar lernte sich einst während der Zeit von Ronaldo bei Real Madrid kennen und hat zusammen schon eine vierjährige Tochter.

Zu Beginn der achten Spielminute im Duell der Erzrivalen - als die Spielzeit auf 7:00 umschlug, in Anlehnung an Ronaldos langjährige Trikotnummer "7" - erhoben sich daher aus Mitgefühl alle Anwesenden: Heim- und Gästefans ebenso wie Trainer und Betreuer. Und die Spieler hätten wohl dasselbe getan, wenn sie nicht qua Berufsausübung schon auf dem Spielfeld gestanden wären.

Dann applaudierte Anfield, das für seine bedingungslose Unterstützung des eigenen Teams ähnlich bekannt ist wie für seine Fairness, eine Minute lang andächtig. Einige Zuschauer hielten Trikots mit der Aufschrift "Ronaldo 7" hoch - und die Liverpool-Fans spendeten Trost, indem sie ihre Hymne sangen, die in diesem Moment nicht besser hätte passen können: "You'll never walk alone".

Das ganze Stadion habe "wahre Klasse" demonstriert, sagt Klopp

Die noble Solidarität mit Ronaldo, 37, bezeichnete Liverpool-Coach Jürgen Klopp hinterher "als den würdevollsten Moment des Spiels", in dem "alle Rivalitäten" beiseitegeschoben worden seien. Das ganze Stadion habe "wahre Klasse" demonstriert: "Exakt so soll der Fußball sein!" Auch sein Trainerkollege Ralf Rangnick, der Ronaldo seit Dezember bei United betreut, pflichtete ihm bei. Die Aktion habe bewiesen, dass Fußball mehr sei, "als nur das eigene Team" zu unterstützen.

Vor der Partie hatte Rangnick seinem Spieler bereits volle Unterstützung zugesichert. Als Vater zweier Söhne wisse er, dass dies "das Schlimmste" sei, was passieren könne. Alle bei United würden "hinter ihm" stehen. Der Verein erklärte am Spieltag in einem Statement, die Familie sei "wichtiger als alles andere" - deshalb stehe Ronaldo gegen Liverpool nicht zur Verfügung. Die Partie bestritten beide Teams mit Trauerflor.

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