Süddeutsche Zeitung

Podcast:Auf den Spuren von Dr. Red Bull

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Dass Bernd Pansold in der DDR minderjährige Sportler dopte, ist bekannt. Weniger bekannt ist seine Rolle als Chefmediziner im Red-Bull-Sportimperium. Und noch mysteriöser ist die Frage, wer seine Lebensgefährtin getötet hat. Ein Podcast-Tipp.

Der Red-Bull-Milliardär Dietrich Mateschitz hatte Silvia Wintersteller nur einmal gesehen, ehe er ihr dieses Haus schenkte mit der großen Wiese davor, auf der sie kurz darauf starb - während Silvias Lebensgefährte, nur in einem Unterhemd und einer weißen Unterhose bekleidet, in der Dunkelheit danebenstand: Bernd Pansold, berüchtigter DDR-Dopingarzt, später für das Red-Bull-Sportimperium tätig, persönlich installiert von Dietrich Mateschitz.

Mehr kann man fast nicht hineinpacken in den Plot eines True-Crime-Podcasts: das schillernde Red-Bull-Milieu, eine geschenkte Villa, eine tote Frau im Gras, offenbar von einem Auto überrollt, ein früherer Dopingarzt und Stasispitzel in der Unterhose, eine verzweifelte Mutter, ein Taxifahrer, der helfen will - und die Frage: Wer hat im Mai 2017 Silvia Wintersteller totgefahren?

Dieser Frage sind die BR-Reporter Sebastian Krause und Kilian Medele zusammen mit dem österreichischen Journalisten Johann Skocek nachgegangen, der den Fall zuvor für die österreichische Zeitung Standard recherchiert hatte. Herausgekommen ist der sechsteilige True-Crime-Podcast "Dr. Red Bull", zu hören unter anderem in der ARD-Audiothek. Die Autoren sprechen mit der Mutter der Toten, mit dem Taxifahrer, der damals in der Nacht durch die Wiese fuhr, um nach Silvia zu suchen, sie treiben einen Zeugen auf, den das Landgericht Salzburg nicht vernommen hatte - ehe es im April 2018, allen Widersprüchen in der Beweisführung zum Trotz, tatsächlich den Taxifahrer verurteilte, wegen fahrlässiger Tötung. Nur: War kurz vorher nicht auch Bernd Pansold mit seinem SUV durch die Wiese gefahren? Und hatte es an dem Abend nicht eindeutig Streit gegeben zwischen ihm und seiner Freundin?

Das alles ist an sich schon spannend, doch wie der Titel schon sagt, folgt der Podcast noch einer zweiten Spur - hinein in die Abgründe des Spitzensports. Wie konnte Pansold im österreichischen Ski-Sport und später als Chefmediziner beim Mega-Konzern Red Bull eine derart steile Karriere machen? Obwohl er im großen Prozess um das staatliche DDR-Dopingsystem verurteilt wurde, weil er sogar Minderjährigen die berüchtigten blauen Steroidpillen gab?

Der Skispringer Andreas Wellinger kommt ebenso zu Wort wie der Konditionstrainer des einstigen Alpin-Nationalhelden Hermann Maier, Heinrich Bergmüller: Er spricht über geheime Pillen, die er am Olympiastützpunkt in Obertauern in Pansolds Zimmer gefunden haben will. Der Tod in der Wiese, die Karriere in Österreichs Sportimperium - auf den ersten Blick haben sie wenig miteinander zu tun, und so laufen die Handlungsstränge in den sechs Folgen auch weitgehend nebeneinander her. Trotzdem ist "Dr. Red Bull" eine hörenswerte Spurensuche über einen Mann - und einen Sport - voller Abgründe.

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