Süddeutsche Zeitung

RB Leipzig:Auf Rat der Klub-Juristen nur Zuschauer

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Von Javier Cáceres, Leipzig

Große Lust verspürte Timo Werner nicht mehr, noch eine letzte Gesprächsrunde mit Journalisten zu führen. "Ihr wisst schon, dass ich wegen Krämpfen ausgewechselt worden bin, oder?", maulte der DFB-Stürmer, als er am Ende der medialen Verwertungskette angelangt war. Andererseits: Was hatte er erwartet? Mit zwei Toren, seinen ersten beiden der laufenden Saison, hatte sich Werner beim 3:2 gegen Hannover 96 zum Spieler aufgeschwungen, der seinem Team den Weg zum ersten Sieg der Spielzeit geebnet hatte. "Wir waren fällig", sagte RB-Kapitän Willi Orban.

Das kann man wohl sagen. Ein neuerlicher Punktverlust hätte in Leipzig das Wort Fehlstart zementiert - und das auch noch vor dem Europa-League-Duell mit dem FC Salzburg am Donnerstag. Auch vor diesem Hintergrund ist die Genügsamkeit zu verstehen, die Leipzigs Trainer Ralf Rangnick an den Tag legte. "Es war am Ende sicherlich ein glücklicher Sieg. Den nehmen wir aber gerne mit", sagte Rangnick.

Die beste Nachricht des Samstags für die Leipziger war, perspektivisch gesehen, dass das Duo Emil Forsberg und Timo Werner wieder zusammengefunden hat. Beide Treffer folgten einem ähnlichen modus operandi: Forsberg servierte Werner sowohl in der 40. wie auch in der 63. Minute einen millimetergenauen Pass in den Lauf; Werner verwandelte direkt. Beide Male lief Werner mit ausgestrecktem Arm auf Forsberg zu - und deutete mit dem Zeigefinger der rechten Hand auf den Spielmacher, als Dank und Anerkennung.

"Schon bei den Länderspielen hat sich gezeigt, dass Timo immer besser in Fahrt kommt."

"Emil hat in Topform die Liga schon mal auseinandergenommen. Und er kann es wieder machen", sollte Werner später erklären. Im Grunde hätte er sagen müssen, dass Forsberg die Liga zusammen mit ihm, Werner, auseinandergenommen hatte. In der Saison 2016/17 traf Werner sieben Mal auf Vorlage von Forsberg; letztmals hatte die Liaison vor zehn Monaten funktioniert, kurioser Weise gegen diesmal wirklich gut und taktisch variabel aufspielende Hannoveraner. Er wollte sich nicht selbst den Status des kongenialen Partner Forsbergs verleihen, sagte Werner, "dann würde ich mich ja selber loben". Seinem schwedischen Partner aber unterstellte er schon Genialität: "Ich freue mich, dass ich derjenige sein darf, der am Ende der Kette steht und seine Bälle verwerten darf." Dadurch konnte Leipzig die beiden Hannoveraner Traumtore zum zwischenzeitlichen 1:1 von Niclas Füllkrug (13. Minute) sowie von Miiko Albornoz (65.) zum 3:2-Endstand als ärgerliche Episoden abheften. Die Leipziger Führung hatte Yussuf Poulsen erzielt (9.).

Dass Forsberg und Werner so prächtig harmonierten, erheiterte Rangnick. "Ich bin mit der Formkurve von Werner und Forsberg sehr zufrieden. In Kombination mit Poulsen haben sie es vorne richtig gut gemacht", sagte der Trainer. "Schon bei den Länderspielen hat sich gezeigt, dass Timo immer besser in Fahrt kommt. Deshalb hat es mich nicht überrascht, dass er jetzt wieder trifft." Im Lichte seiner Leistung wirkte es aber frappierend, dass in Deutschland so heftig über den angeblichen Mangel an Stürmern debattiert wird. Das Geheimnis zu Werners Toren lag darin, dass er in Forsberg einen Spieler hat, der die Räume erahnt, in die Werner wie kein Zweiter in Europa hineinläuft, wenn er Platz hat, um sein Tempo auszuspielen.

Für die Leipziger ist Werners Wiedervereinigung mit dem Tor aber auch deshalb eine wichtige Nachricht, als der Ärger um Stürmer Jean-Kévin Augustin nicht abebben will. Am Samstag verzichtete Rangnick auf seinen bislang besten Saisonschützen, auf dringendes Anraten der Vereinsjuristen. Augustin hatte ein Spiel der französischen U21-Nationalmannschaft versäumt, offiziell wegen Muskelbeschwerden. Bei einem Testspiel der Leipziger lief er dennoch auf; der französische Verband FFF gab sich brüskiert und beschwerte sich beim Weltverband Fifa.

Zwar beteuert Leipzig, vom Deutschen Fußballbund (DFB) und der Deutschen Fußball-Liga (DFL) die Zusicherung erhalten zu haben, dass für Augustin keine Abstellungspflicht bestand, man also im Recht war. Am Samstag aber fürchteten die Leipziger, Hannover ein Einfallstor für einen möglichen Protest gegen die Wertung des Spiels zu öffnen, wenn Augustin doch von der Fifa gesperrt werden sollte. Rangnick ärgerte sich über den FFF, der auf Anrufe und Mails von RB nicht reagiert habe - obwohl Leipzig über mehr französische Spieler verfügt als mancher Klub der Ligue 1, wie Rangnick süffisant bemerkte. "Wir werden sicher ein bisschen Gesprächsbedarf haben in den nächsten Tagen und Wochen", sagte der RB-Coach.

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Quelle:
SZ vom 17.09.2018
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