Süddeutsche Zeitung

Olympia:Eigentlich verliert Shiffrin nie

Lesezeit: 2 min

Von Carsten Scheele

Mikaela Shiffrin schüttelte den Kopf, ein kurzes Lächeln, dann verschwand sie aus dem Zielbereich. Warum es ausgerechnet beim Olympia-Slalom, dem Saisonhöhepunkt, nicht gepasst hatte - ein Drama nach amerikanischer Art.

Andere jubelten, und es waren schöne Bilder, denn sie alle hatten nicht ernsthaft geglaubt, Shiffrin an diesem Freitag hinter sich zu lassen. Da jubilierte Frida Hansdotter, die Schwedin holte Gold. Die Schweizerin Wendy Holdener feierte Silber (+0,05 Sekunden). Schon gar nicht fassen konnte es die 20-jährige Österreicherin Katharina Gallhuber (+0,32), die im zweiten Durchgang von Platz neun auf den Bronze-Rang gerast war.

Und Shiffrin? Vierte. Keine Medaille.

Shiffrin übergibt sich vor dem Start

Schon nach dem ersten Durchgang hatte Shiffrin gehadert. Sie hatte wieder einmal Probleme mit dem Magen gehabt, was allerdings nichts Neues ist bei der Amerikanerin. Sie gilt als hypernervös, musste sich vor dem ersten Durchgang übergeben. Ohne wirklich offensichtlichen Fahrfehler landete sie dann zunächst auf dem vierten Rang, fast eine halbe Sekunde hinter Holdener und Hansdotter. Sie, die sonst im zweiten Durchgang ihren Vorsprung immer nur verwalten muss, stand nun unter Druck.

Vor dem Rennen stand außer jeder Diskussion, dass Shiffrin diesen Olympia-Slalom gewinnen würde. Fünf von sieben Rennen hat sie in dieser Saison siegreich bestritten, in der Weltcupwertung liegt sie mit 175 Punkten Vorsprung auf dem ersten Rang. Vom "Gold Rush" ( New York Times) bei Olympia war in ihrer Heimat die Rede, spätestens nach ihrem Sieg im Riesenslalom, ihrer nur zweitliebsten Disziplin. Drei Starts in Pyeongchang, drei Siege, so war es vorgesehen.

Dann der zweite Lauf, ein kleiner Fehler im Mittelteil, am Schluss schaffte es Shiffrin nicht mehr, ihre große Stärke auszuspielen: die wilde Hatz durch die letzten Stangen im Flachstück. Am Ende fehlten Shiffrin acht Hundertstel auf den Bronze-Rang (+,040). Nach ihrer ersten Slalom-Niederlage bei einem Großereignis seit 2013 wurde sie gefragt, ob sie nervös gewesen sei. "Es waren weniger die Nerven", erklärte Shiffrin im US-Fernsehen. Eher ein körperlicher Einbruch: "Das kam plötzlich. Es fühlte sich fast an wie ein Virus." Den Super-G am Samstag wird sie auslassen.

Historisch schlechtes Ergebnis für die Deutschen

In weitaus besserer Konstitution zeigte sich die Schwedin Hansdotter. "Ich hatte vom Start weg ein gutes Gefühl", jubelte die Gold-Gewinnern. Sie war als Zweite in den zweiten Durchgang gegangen, hielt das Tempo hoch, fuhr zielstrebiger und rasanter als Holdener und entriss der Schweizerin, die nach dem ersten Lauf geführt hatte, noch den Sieg. Einziger Wehmutstropfen: Der schwedische König Carl Gustaf weilt zwar in Südkorea, verpasste aber den Gold-Lauf der Schwedin. Hansdotter nahm es mit einem Lächeln.

Für die Deutschen lief es gar nicht, am Ende stand gar ein historisch schlechtes Ergebnis. Lena Dürr fädelte im ersten Durchgang nach acht Sekunden ein, Aus, vorbei. "Kaum schiebst du raus, schon stehst du daneben", klagte sie später. Dürr ärgerte sich "brutal", denn: "Das wäre schon meine Piste gewesen." Auch Christina Geiger schied aus, Marina Wallner schaffte es auf Rang 19.

Weiter hinten lagen deutsche Slalomfahrerinnen bei Olympia noch nie. "Das ist ernüchternd und schlecht", klagte Bundestrainer Jürgen Graller und kündigte an: "Da gehören klare Worte gesagt, die ich sicher aussprechen werde."

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