Süddeutsche Zeitung

Österreichs Trainersuche:Extraladung Punschkrapferl für Zidane

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Die WM ist verpasst, Franco Foda ist fort, und der Austro-Fußball liegt am Boden. Doch immerhin ist die öffentliche Suche nach dem neuen Trainer unterhaltsam.

Von Felix Haselsteiner, München

Peter Schöttel sprach nur mit ORF-Reporter Rainer Pariasek, aber er nutzte die Gelegenheit, um gleich auch noch die richtige Zielgruppe zu erreichen. "Erst einmal guten Abend ins Studio und guten Abend nach Hause", sagte der Sportdirektor des Österreichischen Fußball Bundes, zugeschaltet aus einem leeren Ernst-Happel-Stadion in Wien. Er wandte sich damit direkt an die Fußballnation auf dem Sofa, vor der er sich rechtfertigen muss. Denn Peter Schöttel ist der Mann, der in den kommenden Wochen darüber entscheiden muss, welcher Trainer sich künftig daran versuchen darf, Österreich zufriedenzustellen - was eine fast unlösbare Aufgabe ist.

Verpasste Weltmeisterschaft, Platz 34 in der Weltrangliste und kaum Zuschauer, so lautet die triste Bilanz am Ende der viereinhalbjährigen Ära des Nationaltrainers Franco Foda. 6600 Zuschauer fanden am Dienstag den Weg in den Wiener Prater - gerade so schrammte die Nationalmannschaft in Wien damit am negativen Besucherrekord aus dem Jahr 1987 vorbei. Die Mannschaft und der Fußball interessieren offenbar nur noch die wenigsten - wenn, dann ist noch das Drama abseits des Feldes interessant. Und immerhin da zeigt sich der österreichische Fußball in den vergangenen Tagen von seiner unterhaltsamsten Seite.

Schöttel versuchte ehrenwerterweise sogar noch, eine seriöse Suche nach einem neuen Trainer zu initiieren. Im ORF erzählte er am Dienstag von vielen geplanten Reisen und sagte: "Wir werden mit der Suche nicht an der Landesgrenze aufhören." Die Nachricht von der Schöttel-Tour ließ allerdings sogleich aufhorchen - wenn nicht nur Mödling und Graz, sondern auch das nähere und fernere Ausland bereist wird, wären interessante Optionen am Markt.

Berichte über eine Absage von Niko Kovac waren zu lesen und wurden von Schöttel dementiert, aus New York meldete sich der dort bei Red Bull als Trainer arbeitende Österreicher Gerhard Struber, sagte aber gleich mal prophylaktisch ab, bevor überhaupt jemand beim ÖFB einen Flug hätte buchen können. Die Kronen Zeitung schlug dann Zinedine Zidane vor.

Der mehrfache Champions-League-Sieger wäre sicherlich ein Kandidat, der die von Schöttel genannten Kriterien erfüllen würde: "Fachkompetenz und soziale Kompetenz sind logisch. Ein Teamchef muss in der kurzen Zeit, die er zur Verfügung hat, das Maximum rausholen. Und er muss mit Kritik umgehen können", sagte der 55-Jährige dem Standard. Nur dürfte das Budget für französische Welttrainer kaum ausreichen, man müsste Zidane schon mit einer Extraladung Punschkrapferl auf den Trainerstuhl im Happel-Stadion locken, wofür sich Schöttel aber offenbar auch nicht zu schade ist.

Traditionell im Rennen: Andreas Herzog

Neben der Aussicht auf einen talentierten Kader böte der Posten als österreichischer Nationaltrainer auch andere Vorteile: "Für erfahrenere Trainer, die schon im Nationalteambereich tätig sind und nicht mehr den täglichen Stress haben wollen, haben wir mit Wien auch eine sehr lebenswerte Stadt", sagte Schöttel. Womöglich ist also bereits ein Reiseführer unterwegs zu Zidane, der ihm den Weg zum besten Verlängerten im Kaffeehaus für die Zeit zwischen Länderspielphasen weist.

Einer, der sich mit Punschkrapferl auskennt und weder in Wien noch sonst wo zwischen Bregenz und Bratislava einen Reiseführer benötigt, wäre Andreas Herzog. Der Name des österreichischen Rekordnationalspielers wurde inzwischen so oft bei der Suche nach einem neuen Teamchef genannt, dass der ORF davon schrieb, er sei "traditionell" einer der Kandidaten auf den Posten. Bei der letzten Suche stand Herzog immerhin schon auf Schöttels Shortlist, neben Thorsten Fink und Franco Foda. Vielleicht kommt er diesmal eine Runde weiter, das Präsidium jedenfalls erwartet vom Sportdirektor einen "klaren Vorschlag" und nicht mehr drei mögliche Trainer, von denen sich dann einer als ein viereinhalb Jahre dauerndes Missverständnis ohne klare fußballerische Idee entpuppt.

Auch Prohaska schaltet sich ein

Der oberösterreichische Verbandspräsident Gerhard Götschhofer wies deshalb gleich jegliche sportliche Kompetenz von sich und sagte: "Die Entscheidung, wer österreichischer Teamchef wird, kann nur ein Experte treffen, und wir haben dafür nur einen Experten im ÖFB, das ist der Sportdirektor." Hierbei handelte es sich um eine Drohung, die sich nicht einmal wirklich Mühe gab, sich noch hinter einem Kompliment zu verstecken. Es gäbe in Österreich noch einige andere Experten, die meisten von ihnen schreiben aber Kolumnen oder sprechen im Fernsehen und arbeiten nicht beim ÖFB. Keiner von ihnen verlor ein gutes Wort über Foda - oder über Schöttel: Der ehemalige Stürmer Marc Janko, ein guter, kühler Analytiker, fragte richtigerweise, ob es denn jemals "ein Konzept, wie man Fußball spielen möchte" gab. Und die einzig wahre Fußballinstanz namens Herbert Prohaska forderte: "Es muss vom Sportdirektor und seinem Team eine Linie vorgegeben werden."

Fest steht damit schon lange vor der Vorstellung des nächsten Trainers: Was immer passiert in den kommenden Jahren, es wird Schöttels Schuld sein. Ganz gleich ob er Zidane aus dem Hut zaubert, mit dem derzeit vereinslosen Peter Stöger die naheliegendste Variante wählt oder sich mit Herzog auf ein Experiment einlässt, das allein aufgrund des Unterhaltungswertes nett anzusehen wäre.

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