Süddeutsche Zeitung

Nürnberg steigt in die Bundesliga auf:"Das Werk ist geschafft"

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Von Christoph Ruf, Sandhausen

In der 38. Minute schallten das erste Mal die Rufe durchs Sandhäuser Hardtwaldstadion, auf die sich die fränkische Fan-Gemeinde schon die ganze Woche über vorbereitet hatte: "Nie mehr Zweite Liga", skandierten drei der vier Tribünenseiten. Gerade hatte Hanno Behrens die Nürnberger 1:0-Führung gegen den SV Sandhausen per Kopf erzielt. Nachdem Keeper Marcel Schuhen einen Kopfball von Georg Margreitter noch hatte abwehren können, war der Kapitän zur Stelle und verwandelte den Abpraller. Um 17.04 Uhr erhöhte Tim Leibold nach einem Konter auf 2:0, der Rest des Spiels war nur noch eine Begleiterscheinung der kollektiven Feierlichkeiten. Der 1. FC Nürnberg hat am Sonntag den achten Aufstieg der Vereinsgeschichte geschafft (Rekord!) - und dank des 1:1 zwischen Düsseldorf und Kiel sogar Platz eins erobert.

"Vor fünf, sechs Spielen hätte ich noch nicht sagen können, dass wir das sicher schaffen", sagte Verteidiger Georg Margreitter. "Aber das war heute ein perfektes Auswärtsspiel, auch wenn ich erst nach dem Schlusspfiff realisiert habe, dass wir tatsächlich aufgestiegen sind."

Dabei hatte Nürnberg zunächst abwartend begonnen, bei gegnerischem Ballbesitz stand man tief in der eigenen Hälfte. Nach 30 Minuten hatte der Club dennoch bereits zwei Chancen, während Sandhausen harmlos blieb. Die erste Gelegenheit des Spiel hatte Mikael Ishak mit einem Kopfball, der allerdings kein größeres Problem für Schuhen darstellte (16.). Gefährlicher war die Szene in der 30. Minute, als Schuhen einen Kopfballaufsetzer von Tim Leibold noch zur Seite wischte. Im zweiten Durchgang wurde Sandhausen, das theoretisch noch auf dem Relegationsplatz zum Abstieg landen könnte, aktiver und kam zu Kopfballchancen von Richard Sukuta Pasu und Rurik Gislason (49./58.).

Die einzige echte Schrecksekunde hatte der Club in der 67. Minute zu überstehen, als Keeper Fabian Bredlow Gislasons Kopfball mit gutem Reflex halten musste. Kurz darauf vergaben auf Nürnberger Seite Kevin Möhwald und Ishak Möglichkeiten, mit dem zweiten Treffer frühzeitig alles klar zu machen (70.). Das gelang Leibold dann sechs Minuten später. 9000 FCN-Fans unter den 12 500 Zuschauern bildeten dann eine bestens gelaunte Feiergesellschaft. Dem Vernehmen nach hatten einzelne Fans schon vergangenes Jahr eine Rückrunden-Dauerkarte des SVS gekauft, um ganz sicher dabei sein zu können, wenn ihr Verein den lang ersehnten Aufstieg klarmachen würde.

Schon im Winter wirkte diese Hoffnung gar nicht mehr so verwegen, schließlich stand der Club ab Spätherbst auf einem Aufstiegsplatz. Und das verdientermaßen, wie nun auch im End-Klassement. Es gibt in der Liga nicht viele Trainer, die bestreiten würden, dass Düsseldorf, Nürnberg und der Drittplatzierte aus Kiel die besten Mannschaften waren. Nürnberg und Düsseldorf, die in der kommenden Saison sicher in der ersten Liga spielen, waren zudem individuell stärker besetzt als die Konkurrenz. Club-Trainer Michael Köllner ist es gelungen, eine Mannschaft zu formen, die auch fußballerisch zu gefallen weiß.

Dabei verlief die Saison nicht ohne Rückschläge. Doch der Club konnte die kleinen Schwächephasen - zu Saisonbeginn sowie zwischen dem 24. und 28. Spieltag - auffangen. Es gelang ihm, den verletzungsbedingten Ausfall des besten Torschützen Ishak (zwölf Saisontreffer) zu kompensieren. Und das, obwohl man im Winter in Cedric Teuchert einen weiteren Angreifer nach Schalke ziehen ließ. Auf ihre Fans können die Franken sowieso zählen, ob in der ersten oder zweiten Klasse. 29 343 Zuschauer kamen pro Spiel, der beste Schnitt der zweiten Liga; in der ersten Liga sind 45 000 keine Utopie. Das letzte Heimspiel am 12. Mai ist seit Wochen ausverkauft. Im Spiel gegen Düsseldorf geht es formal nur noch um Detailfragen dieser Saison.

Doch Trainer Köllner hatte bereits vor der Sandhausen-Partie angekündigt, dass sein Ehrgeiz mit dem Aufstieg noch nicht gestillt ist. Nun soll es mit einem Sieg oder einem Remis gegen Düsseldorf auch die Zweitliga-Meisterschaft sein. "Es ist doch logisch, dass wir jetzt auch Erster werden wollen", fand auch Sportdirektor Andreas Bornemann, der die "hohe taktische Flexibilität und Geschlossenheit dieser Mannschaft auch in die erste Liga mitnehmen" will. "Aber es weiß hier natürlich jeder, was das bedeutet. Da werden wir uns gehörig strecken müssen." Der Aufstieg, so Bornemann weiter, sei zu großen Teilen auch das Verdienst von Trainer Michael Köllner, der nicht nur ein "absolut besessener Fußballer" sei. "Er ist auch in der Lage, einer Mannschaft in kurzer Zeit eine Spielidee zu vermitteln."

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SZ vom 07.05.2018
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