Süddeutsche Zeitung

Nike-Vertrag für Justin Gatlin:Doping als Image

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Von Saskia Aleythe

Vielleicht ist ein ganz schlechtes Händchen die Ursache, vielleicht aber auch ein Fluch. Auf jeden Fall lässt sich sagen, dass es Nike nicht immer leicht hatte in der Vergangenheit. So mancher Sportler verschaffte als Repräsentant der Marke dem Sportartikelhersteller nicht nur gute Aufmerksamkeit. Der Footballer Michael Vick etwa war zwar lange Zeit der bestbezahlte Spieler in der NFL, musste aber später für 18 Monate ins Gefängnis wegen illegaler Hundekämpfe. Auch Nike-Träger Tiger Woods hat als Ehebrecher nicht gerade für die schönsten Schlagzeilen gesorgt, von Prothesen-Sprinter Oscar Pistorius und seinem tödlichen Schuss gegen Freundin Reeva Steenkamp ganz zu schweigen.

Nun hat Nike mit dem Amerikaner Justin Gatlin einen Vertrag erneuert. Mit dem mehrfach wegen Dopings gesperrten Sprinter möchte man gerne auch in Zukunft zusammenarbeiten. In der Leichtathletik-Szene sorgt das für Unruhe.

Paula Radcliffe ist nicht nur Weltrekordhalterin im Marathon, sondern seit vielen Jahren eine Fürsprecherin der Dopingbekämpfung - und ebenfalls bei Nike unter Vertrag. Auf Twitter schreibt die Britin: "Ich bin sehr enttäuscht von dieser Nachricht. Ich denke, dass es weder wirklich die Werte von Nike reflektiert, die ich auch stolz repräsentiere, noch die Integrität und die Ideale der Menschen, mit denen ich täglich zusammenarbeite."

Die Britin fühlt sich nicht wohl dabei, dass ihr Sponsor einen überführten Dopingsünder unterstützt. Im Jahr 2001 unterbrach ein PR-Mitarbeiter der Firma ein Gespräch zwischen ihr und einem Journalisten, der sie zum Dopingfall der Russin Olga Jegorowa befragte - Radcliffe durfte nicht antworten. Fragen zum Thema Doping sind bei Nike unerwünscht. Das spürte auch eine Journalistin, die einst Michael Johnson zum Thema befragen wollte, aber mitten im Satz schon abgewürgt wurde, bei einer späteren Pressekonferenz mit Johnson wurde sie vorab des Saales verwiesen.

Gatlin wurde bereits 2001 positiv auf Aufputschmittel getestet und gesperrt. Der Welt-Leichtathletik-Verband IAAF verkürzte seine Sperre auf ein Jahr. Gatlin hatte angegeben, seit seiner Kindheit Medikamente zu nehmen, da er an einem Aufmerksamkeitsdefizit leide. 2004 wurde er Olympiasieger über 100 Meter und gewann Bronze über 200 Meter. 2006, nachdem er Asafa Powells Weltrekord über 100 Meter eingestellt hatte, dann die nächste positive Probe: Dieses Mal wurde Testosteron gefunden.

Wiederholtes Dopingvergehen kann eine lebenslange Sperre bedeuten. Gatlin jedoch agierte als Kronzeuge gegen seinen Trainer Trevor Graham und kam mit acht Jahren davon. Nach der Verhandlung vor einem Schiedsgericht blieben nur vier Jahre übrig. Seit Juli 2010 ist er zurück auf der Leichtathletik-Bühne, mit besten Zeiten. Als er 2014 von der IAAF als Leichtathlet des Jahres nominiert wurde, gab es Kritik am Verband. Der ebenfalls nominierte Diskus-Weltmeister Robert Harting schlug die Einladung prompt aus. "Diese Leute gehören überhaupt nicht in einen Wettkampf, da ist die Ausrüsterfrage nur ein weiteres Problem", sagt etwa der deutsche Sprinter Julian Reus zum Fall Gatlin.

Den Vertrag mit Gatlin hatte Nike in der Zeit seiner zweiten Sperre nur ausgesetzt, eine chinesische Firma unterstützte ihn weiterhin. Nun soll das Swoosh-Symbol sein Leibchen wieder zieren, auch bei der Leichtathletik-WM in Peking. Von Nike äußerte sich Charlie Brooks, Vizechef der Kommunikationsabteilung in Nordamerika, zu der umstrittenen Vertragsverlängerung: "Justin hat die Sperren abgesessen, die gegen ihn verhängt wurden." Damit ist es für den Ausrüster erledigt. Ob das Image des Konzerns Schaden nimmt, wird sich zeigen.

Zur Linie von Nike passt der Fall Gatlin jedenfalls wunderbar: Footballer Vick bekam nach seiner Gefängnisstrafe einen neuen Vertrag. Auch mit Lance Armstrong, ihrer vielleicht größten Werbefigur, riss den Verantwortlichen der Firma erst der Geduldsfaden, als klar war, welch enormes Ausmaß dessen Lügengeschichten angenommen hatten - dass er auch sie ein Jahrzehnt lang hinters Licht geführt hatte. Die Begründung damals: "Nike akzeptiert die Benutzung von Dopingmitteln in keinster Weise."

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