Süddeutsche Zeitung

WM-Glosse Koalaola:Wann gibt's Glühwein gegen die Kälte?

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Katar war für die eine Hälfte der Welt eine Frier-und-Bibber-WM, Australien und Neuseeland für die andere - was aber, wenn man zweimal den Winter erwischt hat?

Glosse von Felix Haselsteiner

Zurückhaltende Höflichkeit gehört zu den elementaren Tugenden der Neuseeländer, aber diesen jungen Mann mit seinem dicken Mantel, dem Schal und der laufenden Nase, der da mitten in Auckland zitternd darauf wartete, dass die Ampel grün wird, den musste der ältere Herr dann schon ganz offen fragen: "Was machen Sie denn hier, um diese Jahreszeit?"

Nun, man berichtet hier halt über eine Fußball-WM - und das ist nun mal eine WM im Winter! In einem wundervollen Land, das einem aber antarktische Winde, strömenden Regen und einstellige Temperaturen entgegenwirft, weshalb man sich anzieht, als wäre bald Biathlon in Oberhof oder Abfahrt auf der Streif. Wenn sie in Wellington morgen anfangen, Weihnachtsbäume aufzustellen, man würde sich nicht wundern, sondern einen Glühwein bestellen.

Was hat sich die Fußballwelt der Nordhalbkugel nicht beschwert über diese Frier-und-Bibber-WM im vergangenen Dezember, die doch in Wahrheit gar keine war. In Katar konnte man barfuß durch den Wüstensand stapfen, während nebenan Fußball gespielt wurde, in Argentinien haben die Menschen Weihnachtsmessi in Badehose gefeiert und in Australien waren sie in der Halbzeitpause surfen.

Weite Teile der Welt haben Katar nicht als Winter-WM in Erinnerung, das gilt auch für Berichterstatter, die in Katar waren. Weite Teile der Welt werden die WM in Australien und Neuseeland ebenfalls nicht als Winter-WM in Erinnerung behalten, das gilt insbesondere für alle, die in Europa geblieben sind. Was aber, wenn man es genau falsch rum gemacht hat?

Eine kleine Gruppe von Journalisten aus Nordamerika und Europa fand sich vor einigen Tagen in Aucklands Stadion Eden Park zusammen. Keiner war in Katar gewesen, sondern damals im Winter geblieben, nur um ein halbes Jahr später schon wieder in den Winter zu reisen. Es herrschte die Atmosphäre einer Selbsthilfegruppe - teilnehmen konnten alle außer der Sonne, die mal wieder fehlte.

Immerhin hatte man von der Unterhaltung mit dem älteren Herren an der Ampel eine Empfehlung mitgebracht, die jede Winter-WM erträglich macht: Die rettende Lösung in Australien und Neuseeland liegt in der wärmenden Wolle des Merino-Schafs.

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