Süddeutsche Zeitung

NBA:Frühling in Brooklyn

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Der Wechsel von Blake Griffin zu den Nets zeigt: Die Akteure haben die Macht, Superteams zu basteln, die Stamm-Formation liest sich wie ein All-Star-Kader. Dies widerspricht nur scheinbar dem NBA-Tarifvertrag

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Blake Griffin kann nichts dafür, ganz im Gegenteil: Er hat auf sehr viel Geld verzichtet - 13,3 Millionen Dollar -, damit die Detroit Pistons keinen Tauschpartner finden mussten, sondern ihn zum Free Agent machten, der seinen neuen Verein selbst suchen darf. Er wollte im Spätherbst seiner Karriere, die sich für den 32 Jahre alten Griffin nach all den Verletzungen anfühlen muss wie tiefster Winter, zu einer Mannschaft, mit der er in dieser Saison den Titel gewinnen kann. Das sind die Brooklyn Nets ohne Zweifel, Griffin wird bis zum Saisonende das Veteranen-Minimum (1.229.676 Dollar) bekommen - sehr viel weniger, als er hätte fordern können.

Es geht nicht darum, dass der einst so spektakuläre Griffin mittlerweile nicht mal mehr ein Schatten seiner selbst ist, und dass seine Spielweise aber so was von überhaupt nicht zum vorhandenen Nets-Kader passt. Es geht eher darum, dass sich die Stamm-Formation nun liest wie eine All-Star-Aufstellung: Griffin, Kyrie Irving. Kevin Durant, James Harden, DeAndre Jordan. Die Nets waren schon vorher der Favorit auf den Titel, jetzt sind sie es noch ein bisschen mehr, und das liegt am Tarifvertrag der Basketballliga NBA, der genau das verhindern soll.

Das Ziel des Tarifvertrages ist es, mittelfristig jedem Verein die gleiche Chance auf den Titel zu ermöglichen, ob der nun in Los Angeles oder in Milwaukee angesiedelt ist. Das soll durch Gehaltsobergrenzen gesichert werden, durch strenge Regeln bei Tauschgeschäften, ferner durch Verhandlungen und Talentwahl sowie Vertragsdetails, die nur Doktoren der Mathematik verstehen. In den vergangenen Jahren indes haben vor allem Akteure der Kategorie Superstar diese Regeln missbraucht, um so genannte Superteams zu formen, wie nun vor allem das Beispiel der Brooklyn Nets zeigt.

Es gibt zehn Teams, die sich ernsthaft Hoffnungen auf den Titel machen dürfen

Kevin Durant kam 2019 von den Golden State Warriors - zu denen er aus Oklahoma City nur gewechselt war (und auf Geld verzichtet hatte), um endlich einen Titel zu gewinnen. Zu Beginn dieser Saison spielte Aufbauspieler Harden bei den Houston Rockets so lange lustlos, bis die endlich ein Tauschgeschäft mit den Nets eingingen - und nun kommt Griffin. Was in der NBA gewöhnlich viele Jahre dauert, wie an den Philadelphia 76ers oder den Milwaukee Bucks zu sehen war, haben die Nets mal schnell in weniger als zwei Jahren geschafft - weil die Spieler es so wollten.

Im europäischen Fußball können sich Vereine mit viel Geld ihre Supertruppen zusammenkaufen. In der NBA haben die prägenden Akteure die Macht, weil nur sehr wenige Erfolg garantieren und die sich nun in vielversprechenden Duos (LeBron James und Anthony Davis beim Titelverteidiger LA Lakers zum Beispiel) oder gar Trios wie bei den Nets (plus Griffin und Jordan) zusammenschließen. Es ist ein Fehler im System - außer natürlich, man betrachtet das alles mal so: Die reguläre Saison ist nur Vorgeplänkel, Gescheiterte interessieren mit Beginn der Playoffs niemanden mehr. Es gibt Stand jetzt zehn Teams, die sich ernsthaft Hoffnungen auf den Titel machen dürfen, erwartet wird also eine spannende und spektakuläre Ausscheidungsrunde - dann, wenn die Leute wirklich einschalten und für Quoten sorgen.

Es ist kein Fehler im System - die NBA will das genau so.

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