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Basketballer LeBron James in der NBA:Er träumt vom Vater-Sohn-Gespann

Lesezeit: 4 min

LeBron James erlebt eine durchwachsene Saison bei den Los Angeles Lakers. Warum tut er sich so was im Alter von 37 Jahren an? Weil er etwas schaffen will, das vor ihm keiner geschafft hat: eine NBA-Partie mit dem eigenen Kind.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Natürlich hat LeBron James am Mittwoch gespielt, trotz der Blessur am linken Knöchel. Es war der einzige Auftritt der Los Angeles Lakers in dieser Saison bei den Cleveland Cavaliers. James ist im 50 Kilometer entfernten Akron aufgewachsen, und zu dieser Märchenkarriere gehört, dass ihn die Cavaliers vor 19 Jahren bei der NBA-Talentbörse gewählt hatten und er der Franchise vor sechs Jahren, nach der Heimkehr aus Miami, den ersten Titel der Vereinsgeschichte beschert hat.

James spielte ordentlich, 21 Punkte und 17 Rebounds, seine Lakers verloren aber mal wieder, 102:116 hieß es diesmal. Es war die 13. Niederlage im 23. Spiel (tags darauf folge die nächste Pleite gegen Toronto), und die grundsätzliche Frage ist dann ja doch: Warum tut sich James das an?

Ist er auf dem absteigenden Ast? Manche Zahlen bestätigen das

Eine Überschrift in der Los Angeles Times aus der letzten Woche: "Ist LeBron auf dem absteigenden Ast?" Langsam sei das Spiel der Lakers, wenn er den Ball habe; er treffe gerade in wichtigen Momenten nicht mehr wie einst; so dynamisch wie früher sei er im Alter von 37 Jahren ja sowieso nicht mehr.

Das sind harte Urteile, die aber von Zahlen belegt werden: Die Trefferquote von James in dieser Saison, wenn das Spiel in den letzten fünf Minuten einer Partie eng ist und der Vorsprung eines Teams weniger als fünf Punkte beträgt: 37 Prozent. Sein Karrierewert: 52 Prozent. Die Lakers sind historisch schlecht in die Saison gestartet mit zehn Niederlagen in zwölf Spielen. Gewiss, sie haben sich mittlerweile gefangen; auch weil Anthony Davis immer besser wird (am Mittwoch schied er mit Grippesymptomen aus), weil Rückkehrer Dennis Schröder wieder fit ist (gegen die Cavaliers 16 Punkte) und weil das Drama um den ehemaligen Top-Spieler Russell Westbrook (16 Punkte) doch keine Tragödie zu werden scheint. Und es liegt an James, der noch immer zu den Besten der NBA gehört. 25,8 Punkte, 9,1 Rebounds und 6,4 Assists pro Spiel sind immer noch Hausnummern.

Nur: Die Lakers haben weiterhin die drittschlechteste Bilanz (10:14) in der Western Conference; es braucht Anstrengungen, um die Playoffs zu erreichen, vom Titel redet in LA niemand. Also, noch einmal die Frage über einen, der mit jedem seiner drei Vereine (Cavaliers, Heat, Lakers) mindestens eine Meisterschaft gewonnen hat. Der in dieser Saison den legendären Kareem Abdul-Jabbar als besten Punktesammler der NBA-Geschichte ablösen dürfte (Abdul-Jabbar gelangen 38.387 Zähler, James lag zuletzt bei 37.501) und der wirklich niemandem mehr etwas beweisen muss: Warum tut er sich so was an?

Tennistrainer Patrick Mouratoglou sagt: "Wahre Champions sind niemals zufrieden - selbst auf dem Gipfel suchen sie den nächsten Berg; oft ist das einer, den noch keiner bezwungen hat." Diesen Berg sieht man, wenn man in die Basketballhalle der Sierra Canyon High School in Los Angeles guckt; da spielen LeBrons Söhne Bronny und Bryce. Der Vater will etwas schaffen, das es in der NBA-Geschichte noch nie gegeben hat. "Im letzten Jahr meiner Karriere werde ich gemeinsam mit meinem Sohn spielen", sagte James dem Sportportal The Athletic.

Auf einem Spielfeld mit dem eigenen Kind, das hat es in den vier großen US-Ligen bislang erst drei Mal gegeben: ein Mal beim Eishockey (Gordie Howe und seine Söhne Mark und Marty) und zwei Mal beim Baseball (Ken Griffey und Tim Raines). Es spielten auch in der NBA berühmte Söhne, Steph Curry zum Beispiel oder Austin Rivers, der von Vater Doc bei den LA Clippers trainiert wurde - aber es gab noch nie ein Vater-Sohn-Gespann auf dem Parkett.

Eine öffentliche Aufforderung, es in die NBA zu schaffen - welch ein Druck für einen Sohn

Bronny ist 18 Jahre alt, er kam also zwei Jahre nach dem NBA-Debüt des Vaters zur Welt. Das Talent, da sind sich Experten einig, hat er, er wird zwischen Platz 30 und 50 seines Jahrgangs geführt. Diese Talent-Kategorie wechselt gewöhnlich nicht direkt in die NBA, und so soll es auch bei Bronny sein: Er könnte ein Jahr aufs College gehen. Zahlreiche Angebote hat er schon, darunter von Michigan, Duke, Ohio State.

Er könnte sich jedoch auch in der niederklassigen G-League oder der australischen Liga auf Duelle mit gestandenen Profis ausbilden lassen. Im Jahr 2024 könnte er sich für den NBA-Draft melden. Warum 2024? Nun, dann endet der Vertrag des Vaters mit den Lakers; der könnte dann wechseln, wohin er will - also auch zum Verein, der den Filius wählen wird. Ach ja: Zwei Jahre später wäre der nächste James-Sprössling bereit: Bryce, 15, gilt als gleichermaßen begabt.

"Ich werde das ganz genau verfolgen, wer an welcher Stelle in diesen Jahren wählen wird. Ich habe das Gefühl, dass ich noch eine Weile spielen kann", sagt Vater James, doch das führt zur Frage: Was muss das für ein Druck sein, nicht nur der Sohn eines der besten Basketballspielers der Geschichte zu sein - sondern noch öffentlich zu hören zu kriegen, es bitte in die NBA zu schaffen, damit der Vater noch einen Gipfel erreichen kann? Und fraglich ist auch, ob und inwieweit das die NBA beeinflusst, wenn James sagt, dass er gern in einem Team mit einem oder beiden Söhnen spielen will?

Stand jetzt hat noch niemand auf diese Fragen geantwortet, deshalb wird viel spekuliert und debattiert. Noch wird das Vorhaben abgetan als Ehrgeiz des stolzen Vaters, der nur das Beste für seine Söhne will, sie fördert; der ihnen auch Pausen gönnt, weil er die Ausbildung in den USA für viel zu intensiv hält: "Man braucht Pausen. Ich sage ihnen, sie sollen auch mal eine Partie oder ein Turnier aussetzen."

Man nimmt es James ab, wenn er sagt, dass seine Söhne normal aufwachsen sollen; wobei vieles für seine Söhne ja normal ist, weil sie nichts anderes kennen als dieses Leben. Da kommt was zu auf die NBA, denn wenn eines über James bekannt ist, dann dies: Wenn er sich was in den Kopf setzt, dann zieht er es durch - ob das nun ein Einsatz mit Blessur beim einzigen Spiel in der Heimat ist oder etwas, das noch nie jemand davor erreicht hat.

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