Süddeutsche Zeitung

Deutscher Biathlon-Sieg in Hochfilzen:Fast wie daheim in Ruhpolding

Lesezeit: 2 min

Denise Herrmann-Wick gewinnt den Sprint von Hochfilzen - und sendet damit ein Signal in Richtung Heim-WM. Nach zwei Jahren ohne Publikum erlebt die Sportart wieder eine Festival-Atmosphäre.

Von Korbinian Eisenberger, Hochfilzen

Als die Biathletin Denise Herrmann-Wick die letzte aller zehn Scheiben getroffen hatte, da hing ein Hauch von Ruhpolding in der Luft. Von jenem Ort, wo deutsche Fans ihre Athleten seit Jahrzehnten verlässlich zu Großtaten tröten. Aber Herrmann-Wick befand sich nicht am Schießstand ihrer Wahlheimat, sie hielt sich in Hochfilzen auf, etwas weiter südlich, in Tirol. Österreich also. Doch nach ihrem zehnten Treffer, da war das Ganze kein Österreicher-Ding mehr, eher wie in Ruhpolding.

Zwölf Tage vor ihrem 34. Geburtstag hat sich die gebürtige Sächsin Herrmann-Wick zwar nicht unsterblich gemacht. Mit dem ersten Weltcup-Erfolg für das deutsche Biathlon-Team in diesem Winter ist ihr jedoch der bis dato größte Saisonerfolg für diese Abteilung des Deutschen Skiverbands (DSV) gelungen: ein Sieg beim 7,5-Kilometer-Sprint in 20:07,1 Minuten vor Marketa Davidova aus Tschechien (ein Fehler/+18,1 Sekunden) und der Französin Julia Simon (1/+20,1).

Und das an diesem Ort, der Herrmann-Wick traditionell nicht gerade zu Galavorstellungen verleitet hatte. "Hochfilzen ist ein Pflaster, wo ich immer viel einstecken musste", sagte sie nach ihrem Zieleinlauf in der Mixed-Zone. "Es macht mich unglaublich stolz, in Hochfilzen mal mit 'ner Nullnull vom Stand wegzugehen nach all den Jahren."

In Hochfilzen ging es um die Frage, ob den deutschen Biathletinnen nach drei ordentlichen Rennen im finnischen Kontiolahti alsbald ein sehr ordentliches gelingen würde. Also nach Platz zwei in der Staffel nun auch eine Einzelplatzierung auf dem Stockerl, wie sie in Tirol zu sagen pflegen - und das möglichst weit oben.

Höhe ist grundsätzlich ein Thema in Hochfilzen, das nicht zufällig so heißt. Das Biathlonstadion steht auf einem schneesicheren Hochplateau in 1000 Metern Höhe, fast 900 Meter weiter oben als die Anlage von Kontiolahti. Und diese Höhenluft, so schien es, bekam einer deutschen Athletin äußerst gut an diesem ersten von insgesamt vier Wettkampftagen.

Die Rückkehr der Fans ins legendäre Tiroler Biathlon-Stadion

Gegen Mittag hatten sich die letzten Wolken über dem Pillerseetal verzogen - und gaben die Sicht frei auf die Renaissance eines Biathlon-Festivals. Nach zwei Jahren Corona-Pause kehrten die Fans zurück, ihre Schals und Fahnen, das Bier in Bechern und Frankfurter mit Brot und Senf. Zahlreiche schwarz-rot-goldene Wintermützen schimmerten zwischen rot-weißer Fan-Tracht auf den Tribünen und an der Loipe. "Dieses Beben mal wieder zu Spüren, die Fans an der Strecke und auf der Tribüne, das war schon richtig cool, das setzt schon was frei", sagte Herrmann-Wick dazu. Und ihre Fans rieben sich die Hände, zunächst wegen des Winters, der in Hochfilzen auch zu sehen ist. Und dann, weil unverfrorene deutsche Finger gute Arbeit an den Schießgewehren leisteten.

Es hatte zunächst so ausgesehen, dass auch der Rückkehrerin Franziska Preuß ein Spitzenlauf gelingen könnte. Sie verfehlte aber die letzten beiden Scheiben - und vergab so die Chance auf ein Top-10-Ergebnis. Vanessa Voigt hatte liegend wie stehend einmal daneben geschossen. Herrmann-Wick blieb cool, sie schoss schnell - und ließ die Langlaufski nicht minder flott auf spiegelglatten Abfahrten laufen. Ein Ergebnis von wenig Schnee und viel Sonne. "Da sind überall versteckte Eisplatten", sagte sie, "da sollte man nicht fest hindrücken."

Verglichen mit den guten Teamleistungen in Finnland dürfte Frauen-Bundestrainer Kristian Mehringer nicht gerade eine Optimierung festgestellt haben. Im Gegenteil. Viele Schießfehler und eben nur diese eine Top-20-Platzierung standen am Ende im Bilanzbuch des DSV. Neben Preuß, die beim Auftakt in Finnland krank gefehlt hatte, und Voigt leisteten sich auch Anna Weidel und Sophia Schneider zwei Schießfehler. Juliane Frühwirt blieb fehlerfrei, war aber in der Loipe zu schwach.

Am Freitag, 13.45 Uhr, treten die Männer zum Sprint von Hochfilzen an. Für die Frauen geht es am Samstag, 12.30 Uhr, mit der Verfolgung weiter. Die nächste Runde im Warmlaufen für die Heim-WM in Oberhof (8. bis 19. Februar). Dazwischen steht im Januar ein weiteres Heimrennen an - im echten Ruhpolding.

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