Süddeutsche Zeitung

Handball-WM: Heiner Brand:Trainer ohne Spieler

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Will Heiner Brand Bundestrainer bleiben, muss er einen Neuanfang wagen. Ungelöst bleibt dabei eine nicht unwichtige Frage: Woher soll Brand die Spieler dafür nehmen?

Christian Zaschke

Zwei große Personaldebatten werden den deutschen Handball in der näheren Zukunft begleiten. Die eine betrifft den Bundestrainer: Will er weitermachen, soll er weitermachen? Die zweite betrifft die Mannschaft: Ist es möglich, Teile des Personals zu tauschen und einen neuen Anfang zu schaffen?

Das hieße unter Umständen, sich noch länger vom Erfolg zu verabschieden. Das muss es aber nicht heißen: Waren nicht die Fußballer, die in Südafrika absichtlich ohne Torsten Frings und unabsichtlich ohne Michael Ballack antraten, gerade deshalb so gut, weil sie eine lernwillige Mannschaft bildeten, die ihre Zukunft noch vor sich hat?

Die jungen Spieler zeigten Fußball auf der Höhe der Zeit. Die deutschen Handballer müssen hingegen sehen, dass andere Nationen den Sport weiterentwickelt haben und sie nicht mehr Schritt halten können.

Ein personeller Umbruch hieße, auf Rückraumspieler zu setzen, die auch verteidigen können. Anders ist moderner Handball nicht mehr erfolgreich spielbar. Das wiederum hieße, sich von verdienten Größen wie Pascal Hens zu trennen. Sinnvoll erscheint zudem, Michael Kraus nicht mehr als Spielmacher aufzubieten, sondern ihn als Joker zu nutzen, denn torgefährlich ist er ja manchmal. Immer wieder einmal sagt Brand: Aber wo sind diese neuen Spieler, wo soll ich sie hernehmen?

Zwei davon spielen direkt vor seiner Haustür, in Gummersbach: Der Kreisläufer Patrick Wiencek, 21, und der Spielmacher Christoph Schindler, 27. Beide agieren solide im Angriff und sind gute Deckungsspieler. Gleiches gilt für den Friesenheimer Rückraumwerfer Gunnar Dietrich, 24. Mit denen gewinnt man nicht die WM, aber man könnte mit ihnen etwas aufbauen.

Selbstverständlich kennt Brand diese Spieler, aber es hat ihn stets ausgezeichnet, dass er seiner Mannschaft gegenüber loyal ist. Wer sich Verdienste um die deutsche Auswahl erworben hatte, konnte sich sicher sein, einen Bonus bei Brand zu haben.

Die WM hat gezeigt, dass dieses System nicht mehr greift, was zur zweiten Personaldiskussion zurückführt: Wenn Brand Bundestrainer bleiben will, muss er von seinen Prinzipien abrücken und etwas völlig Neues wagen.

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Quelle:
SZ vom 27.01.2011
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