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Handball:Ein großer Name für Melsungen

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Der Handball-Erstligist verpflichtet einen neuen Trainer: den mehrfachen Champions-League-Sieger Roberto García Parrondo. Passt das?

Von Carsten Scheele, Melsungen/München

Roberto García Parrondo kann gleich zeigen, ob er ein Trainer ist, der Wunderdinge vollbringt. Am Dienstag wurde der Spanier von der MT Melsungen als neuer Chefcoach verpflichtet, am Mittwochmittag vorgestellt, am Donnerstag folgt das erste Spiel: gegen den SC Magdeburg, den Tabellenführer. So oder so: Einer, der als Spieler und als Trainer die Champions League gewonnen hat, wird ja zumindest die ein oder andere Idee haben.

Es war absehbar, dass sich das ambitionierte Melsunger Handballprojekt bei der Suche nach einem Nachfolger für den freigestellten Gudmundur Gudmundsson nicht gerade für eine kleine Lösung entscheiden würde. Melsungen hat viel vor, der Verein aus dem hessischen Luftkurort, 14 000 Einwohner, will sich mittelfristig mit den Großen der Liga messen, er hat dazu eine stattliche Zahl aktueller deutscher Nationalspieler um sich geschart - von Timo Kastening über Silvio Heinevetter, Julius Kühn, Tobias Reichmann bis zu Finn Lemke und Kai Häfner. Sie alle haben mit Gudmundsson einen solch schlechten Saisonstart hingelegt (ein Unentschieden, zwei Niederlagen), dass sich der Klub ad hoc vom Isländer trennte. Der einzige Saisonsieg, das knappe 23:22 gegen Lübbecke, wurde von Interimscoach Arjan Haenen verantwortet.

Die deutschen Profis kennen García Parrondo gut - sie verloren bei Olympia zuletzt gegen dessen ägyptische Auswahl

Nun kommt also García Parrondo, ein großer Name des Welthandballs, der bislang nie in der Bundesliga gearbeitet hat. Auf den ersten Blick ist "Melschungen" (O-Ton García Parrondo) eine eher kleine Aufgabe für ihn. Der Spanier betonte nun freilich, er habe gar nicht überlegt, sondern direkt zugesagt, als der Anruf kam. Der ganze Klub soll von seiner Erfahrung profitieren: Als Spieler wurde García Parrondo mit Ciudad Real mehrfach Meister und Champions-League-Sieger, ehe er 2017 auf die Trainerbank wechselte und als Coach von Vardar Skopje 2019 sogleich die Champions League gewann. Anschließend übernahm er das ägyptische Nationalteam, das bei Olympia in Tokio erst überraschend das deutsche Nationalteam aus dem Turnier warf (31:26 im Viertelfinale) und dann knapp eine Medaille verpasste.

Ist es García Parrondos Faible für vermeintliche Underdogs, das ihn an Melsungen reizt? Ein erstes Urteil über sein neues Team traute sich der Trainer bereits zu. "Melsungen hat gute Spieler, wir müssen aber an der Teamfähigkeit arbeiten", sagte García Parrondo. Das war ein Vorwurf, den die Melsunger in den vergangenen Wochen oft über sich hören mussten. "Er wird uns hoffentlich helfen, besseren Handball zu spielen", sagte Nationalspieler Kastening, wie García Parrondo ein Rechtsaußen. Kastening stand bei Olympia auf der Platte, als die Ägypter unter der Führung seines neuen Trainers deutlich zu stark waren. "Was in den letzten Jahren im ägyptischen Handball passiert ist, ist eng verbunden mit Roberto", sagte Kastening nun. Die ersten Trainingseinheiten seien "lang und intensiv" gewesen.

Die Sache mit den Wunderdingen hat García Parrondo übrigens gleich weit von sich gewiesen. Das Team in eine neue Richtung zu lenken - "von einem Tag auf den anderen ist das kaum möglich", erklärte er. Auch Vorstand Axel Geerken sagte: "Wir erwarten nicht, dass es plötzlich Klick macht und wir alle explodieren." Ganz ausgeschlossen, sagte Geerken noch, sei dies aber natürlich nicht.

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