Süddeutsche Zeitung

Handball: Heiner Brand:Hysterisch und stur

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Bundestrainer Heiner Brand will die Bundesligaklubs zu nachhaltiger Jugendarbeit verpflichten - doch die Vereine wollen sich nicht erpressen lassen. Damit schaden sie vor allem dem deutschen Handball.

Christian Zaschke

Was Bundestrainer Heiner Brand will, ist bekannt, was die großen Handball-Klubs wollen, haben sie am Mittwoch erneut kundgetan. Demnach könnte man sich die anstehenden Gespräche über die Zukunft des deutschen Handballs schenken, denn die Positionen sind unvereinbar. Es ist schon erstaunlich, wie entschlossen die Großklubs auf stur schalten, anstatt zunächst einmal abzuwarten, sich in Ruhe mit dem Verband zusammenzusetzen und zu reden.

Brand will eine Mindestzahl deutscher Spieler in deutschen Vereinen, die Klubs lehnen das ab, mit fadenscheinigen Begründungen: Davon werde kein Spieler besser, die Quote sei kein Allheilmittel. Vordergründig stimmt das sogar, aber eine Quote würde dafür sorgen, dass auch die Spitzenklubs junge deutsche Spieler unter Vertrag nehmen und vor allen Dingen ausbilden müssten.

Sinnvoll wäre eine freiwillige Selbstverpflichtung der Klubs, drei bis vier deutsche U23-Spieler auf dem Spielberichtsbogen zu führen, wie sie Bob Hanning vorgeschlagen hat, der Manager der Füchse Berlin.

Die Klubs haben insoweit recht, als es mit einer Quote nicht getan ist. Dass in der Fußball-Bundesliga derzeit so viele deutsche Talente spielen, liegt nicht an einer Quote, sondern am exzellenten Ausbildungssystem. Das Erweckungserlebnis für den Fußball war die EM 2000, bei der die Nationalelf auf blamable Weise in der Vorrunde scheiterte.

Die Jugendausbildung wurde reformiert, der Zwang zur Ausbildung eng an die Lizenzierung für die Bundesligen gekoppelt. So entstand eine Generation, die in den Junioren-Nationalteams Erfolge hatte und in der Bundesliga für Furore sorgt. Und es kommen immer neue Spieler nach.

Im Handball ist die Lage ähnlich und doch anders. Die Junioren-Nationalteams sind erfolgreich, aber die jungen Spieler werden von den Großklubs nicht gefördert - sie müssen ja nicht. Anders als im Fußball sind es nicht die Spitzenvereine, die Nationalspieler entwickeln; sie kaufen sie bestenfalls. Der deutsche Vorzeigeklub THW Kiel gewinnt bei den Junioren nichts.

Über diese Themen muss grundsätzlich gesprochen werden. Wenn Ligavertreter sagen, sie wollten sich von Brand nicht erpressen lassen, ist das zwar formal richtig, aber in Wahrheit ziemlich hysterisch. Sie müssen das Gespräch suchen, vorbehaltlos, und sie müssen sich ihrer Verantwortung für den deutschen Handball stellen.

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Quelle:
SZ vom 03.02.2011
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