Süddeutsche Zeitung

Streit im Handball:Schmierenkomödie mit Bob, Silvio und Simone

Lesezeit: 2 min

Bob Hanning, der wichtigste Mann im deutschen Handball, und Silvio Heinevetter streiten sich. Partnerin Simone Thomalla steht mit Posts bei. Das Schauspiel ist bizarr - offenbart aber ein Problem im deutschen Handball.

Kommentar von Saskia Aleythe, Berlin

Es entspinnt sich ein Schauspiel mit gleichsam tragischen wie komischen Elementen, in den Hauptrollen: Bob, Silvio und Simone. Bob, 51, hat sich schon früh in seiner Trainer-Karriere als Napoleon für das Vereinsheft des HSV Handballs ablichten lassen, weil er sich selber als ein bisschen diktatorisch empfindet. In Solingen revoltierte einst eine halbe Mannschaft gegen ihn, der Vorwurf: "menschenunwürdige Trainingsbedingungen" und "modernes Sklaventum". Trotzdem - oder eher: deswegen - wurde Bob zu einer Größe seines Sports: Assistent von Bundestrainer Heiner Brand, Bundesliga-Trainer beim HSV Handball, Geschäftsführer der Füchse Berlin - und schließlich der berühmteste Vize-Präsident, den ein Sportverband jemals gehabt hat (es geht um den Deutschen Handball-Bund, gerüchteweise steht diesem noch ein Präsident namens Andreas Michelmann vor).

Silvio und Simone kommen 2009 ins Spiel. Bob ist zu dem Zeitpunkt schon in Berlin tätig und verpflichtet stolz den Nationaltorwart Silvio. Noch stolzer ist er, als Silvio, damals 25, mit der Tatort-Kommissarin Simone, 44, eine Liaison beginnt, die den Füchsen schlagartig 70 Journalisten auf die Pressetribüne treibt. Tolle PR für den Verein sei das, sagt Bob. Wobei sich nun, zehn Jahre später, sagen lässt: So eine PR hat nicht nur gute Seiten.

2019 also, es ist das Bühnenjahr des deutschen Handballs. Im Januar noch berauschte sich Bob Hanning am vierten Platz des Nationalteams bei der WM im eigenen Land, nun findet er sich anlässlich eines Streits mit seinem ehemaligen Liebling Silvio Heinevetter in einer Schmierenkomödie wieder, die eher keine Werbung für den Sport ist. Vor kurzem hatte Heinevetter seinen Wechsel nach Melsungen im Sommer 2020 bekannt gemacht, der hessische Klub habe um ihn gekämpft "wie um eine tolle Frau". Das Vertrauen von Hanning hingegen vermisste er: In Berlin habe man ihm einen Wechsel bereits in diesem Sommer nahegelegt. Sagte Heinevetter. Wohingegen Hanning behauptete, man hätte sehr wohl ein Angebot für ihn gehabt, nur zu anderen Bezügen als bisher. Ja was denn nun?

Hanning kontert den Post von Thomalla

Für Silvio und Simone, also die Schauspielerin Simone Thomalla, ist Bob nun ein Lügner. Auf Instagram verpasste Simone einem kleinen Männchen einen Fuchskopf, Beschriftung: "Lügen haben kurze Beine." Darunter Hashtags: "#hanswurst!" und "#falschesspiel". Posts von Spielerfrauen kommentiere er nicht, konterte Hanning, "auf dieses Niveau komme ich nicht. Da schlägt sie mich mit ihren Waffen". Stattdessen sondiert er nun den Torhüter-Markt, um Heinevetter möglichst bald abzulösen.

Tatsächlich ist das mit den kurzen Beinen eine spezielle Gemeinheit, wenn man weiß, dass Hanning - wenigstens phänotypisch - nicht der Größte ist. Die Hanswurstisierung des wichtigsten Mannes im deutschen Handball offenbart aber auch das Problem von Doppelfunktionen: Das Verhalten des Füchse-Bobs ist vom Verhalten des DHB-Bobs kaum zu trennen. Von Beginn an war Hanning in seinen Ämtern Trainer, Promoter, Sportchef und Nachwuchsförderer in einem, aus einem Zweitligisten in Berlin machte er auch durch sein Geschick, Sponsoren zu umgarnen, einen EHF-Cup- und DHB-Pokalsieger. Vermarktung ist sein Ding, Stilfragen sind oft nebensächlich. Als Arbeitgeber von Heiner Brand und Stefan Kretzschmar hat er sich früher selbst ins Gespräch gebracht, ohne dass es seriöse Verabredungen gegeben hätte.

Und es war wohl auch wenig ratsam, im 495 Euro teuren Versace-Pulli die Eröffnungs-Pressekonferenz der Handball-WM abzuhalten, nachdem man gerade erst erklärt hatte, der Handball wolle im Vergleich zum Fußball nahbar bleiben. Wenn der Sport auch nur tageweise ganz hinter Bob Hanning verschwindet, sollte das nicht nur einem 1,68-Meter-Mann zu denken geben.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4413795
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 18.04.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.