Süddeutsche Zeitung

Kritik an Prokop-Entlassung:"Niemand hat damit gerechnet"

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Nationalmannschaftskapitän Uwe Gensheimer hat mit Unverständnis auf das überraschende Aus für Handball-Bundestrainer Christian Prokop reagiert. "Ich war geschockt, als ich die Nachricht bekommen habe. Ich hatte überhaupt keine Ahnung davon und war sprachlos im ersten Moment, weil ich niemals damit gerechnet hätte und es aufgrund der Ergebnisse auch nicht für nötig gehalten habe", sagte Gensheimer am Donnerstagabend nach dem Bundesligaspiel der Rhein-Neckar Löwen gegen die MT Melsungen (30:33) bei Sky.

Er habe das Gefühl gehabt, mit Prokop sei alles auf dem richtigen Weg gewesen, betonte der 33 Jahre alte Linksaußen. "Wir haben es mehrfach angesprochen, dass wir ein gutes Verhältnis zu Christian haben und ihn sehr schätzen. Deswegen kann ich das nicht nachvollziehen - unabhängig von der Qualität seines Nachfolgers", sagte Gensheimer. Kreisläufer Jannik Kohlbacher ergänzte: "Es überrascht mich natürlich, weil die Frage während des Turniers ausgeräumt wurde." Das Amt übernimmt der frühere Magdeburger und Kieler Meistercoach Alfred Gislason.

Neben den Nationalspielern erwartet auch Teammanager Oliver Roggisch von der Verbandsspitze eine schlüssige Erklärung für die Trennung. "Ich glaube, dass Christian Prokop eine richtig gute Europameisterschaft gespielt hat mit der Mannschaft, die hinter ihm steht", sagte Roggisch. Die Entscheidung des Verbandspräsidiums sei daher "nach außen erst einmal schwer nachzuvollziehen".

Roggisch selbst war nach eigener Aussage "in keiner Weise in die Entscheidung eingebunden und genauso überrascht wie alle anderen auch, dass Christian beurlaubt worden ist", sagte der 41-Jährige.

Christian Schwarzer kritisiert auch Bob Hanning

Ernste Kritik kam auch von außerhalb der Mannschaft. So sagte der frühere Bundestrainer Heiner Brand bei Sky: "Zum jetzigen Zeitpunkt ist diese Entscheidung überhaupt nicht nachvollziehbar, so eine Entscheidung hätte man wenn, dann früher treffen müssen." Auch der 2007er Weltmeister Christian Schwarzer sagte: "Vor allem die Art und Weise, wie da mit Menschen umgegangen wird, kann ich nur ganz schwer nachvollziehen. Eigentlich sollte der gehen, dessen Projekt das war, der das damals initiiert hat, mit Ablösesumme und allen anderen Nebengeräuschen." Damit meinte er Bob Hanning, den DHB-Vizepräsidenten.

Etwas anders sieht es Stefan Kretzschmar: "Ich glaube, man sollte das jetzt nicht dem DHB in die Schuhe schieben", sagte der frühere Nationalspieler: "Prokop hat den Kampf gegen die Windmühlen verloren, es war immer eine latente Unzufriedenheit mit ihm zu spüren, über Fehler von ihm möchte ich hier jetzt nicht sprechen. Alle haben die Entscheidung miteinander getragen und sie getroffen. Ich weiß nicht, ob man jetzt den Kopf von Hanning oder Michelmann (Andreas Michelmann, DHB-Präsident; Anm. d. Red.) fordern und eine neue Sau durchs Dorf treiben soll."

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