Süddeutsche Zeitung

Coronahilfen im Handball:Alle bekommen Geld - nur der Aufsteiger nicht

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Die Bundesliga-Handballer des HSV Hamburg rechnen fest mit Coronahilfen vom Bund - doch der Antrag wird abgewiesen. Die Begründung klingt mindestens kurios.

Von Carsten Scheele, Hamburg/Hannover

Frank Bohmann, der Chef der Handball-Bundesliga (HBL), hat sich neulich im Namen der gesamten Liga beim Staat bedankt. Der Geschäftsführer sprach über die Corona-Hilfen, die deutsche Klubs in der Pandemie erhalten haben. Insbesondere die kleineren Vereine hätten immens profitiert, die Staatshilfen hätten sogar "maßgeblich dazu beigetragen, dass es diese Klubs jetzt noch gibt", sagte Bohmann in einem Interview.

Es ist ja tatsächlich so: Anders als zunächst von einigen durchaus zu Realismus neigenden Ligamanagern prognostiziert, haben alle deutschen Profiklubs die Krise überstanden. Der eine Verein besser, der andere schlechter, aber die befürchteten Insolvenzen unter den Klubs blieben aus. "Überlebenswichtig" seien die Staatshilfen gewesen, sagte Bohmann.

Ob er damit auch im Sinne der Handballer des HSV Hamburg gesprochen hat, ist zumindest ungewiss. Denn der Klub hat sich in dieser Woche mit einem sehr speziellen Fall gemeldet. Der HSV ist, kurz gesagt, überhaupt nicht einverstanden mit dem Management der Corona-Hilfen. Der Klub hatte für den Zeitraum vom 31. Juli bis 31. Dezember 2021 ein pandemiebedingtes Minus errechnet und dieses dem Bund in Rechnung gestellt - in der Erwartung, dass diese Summe gezahlt wird, wie bei anderen Klubs auch, die Einbußen wegen ausfallender Zuschauereinnahmen hatten.

Im Fall der Hamburger belief sich dieses Minus auf 670 000 Euro, das ist bei einem Saisonetat von fünf bis sechs Millionen Euro ein gewaltiger Geldbatzen. Doch das Ansinnen wurde abgelehnt - und die Begründung klingt mindestens kurios, wie ein Fehler im System, der zulasten des HSV geht.

Muss der HSV dafür büßen, dass er aufgestiegen ist?

Das "Problem" des HSV: Der Klub startet im September in seine zweite Bundesliga-Saison in Serie; im Referenzjahr für die Corona-Hilfen, 2019, war der Verein aber noch Zweitligist. Laut Ministerium gebe es keine eindeutigen Vergleichszahlen, die belegen, wieviel Geld dem HSV in den ersten sechs Monaten in der ersten Liga entgangen sei. Als Zweitligist sind die Hamburger schließlich mit einem deutlich geringeren Etat ausgekommen. Also habe das Bundesverwaltungsamt Köln den Antrag abgewiesen, mit Verweis auf die Vorgaben des Bundesinnenministeriums, in der zwar Hilfszahlungen in Aussicht gestellt werden, aber nur, wenn die Referenzjahre vergleichbare Werte aufweisen.

Muss der HSV nun dafür büßen, dass er aufgestiegen ist, also sportlich erfolgreich war? Für einen Aufsteiger sei es "unmöglich, einen Antrag auf Förderung zu stellen, obwohl wir coronabedingt nachweislich Mindereinnahmen im Bereich des Ticketings hatten", sagte HSV-Geschäftsführer Sebastian Frecke. Die Berechnung der Corona-Hilfen sei "schwierig und komplex", da zeige der HSV durchaus Verständnis: "Aber das darf doch nicht dazu führen, dass man als Aufsteiger leer ausgeht." Präsident Marc Evermann sprach gar von "Wettbewerbsverzerrung", weil alle anderen Klubs die Hilfen erhalten hätten. Nur der Aufsteiger nicht.

Eine Klage gegen das Bundesverwaltungsamt hat der Klub bereits am 12. August eingereicht und steckt nun in der Klagebegründung. Dafür hat der Klub bis Mitte September Zeit, keine wirklich leichte Aufgabe, auch für die Juristen, weil es keine vergleichbaren Fälle gibt. Der damalige Mitaufsteiger TuS N-Lübbecke ist direkt wieder abgestiegen - hier ist es rechtlich wieder ein ganz anderer Fall.

Was die Klage angeht, spricht Marc Evermann von einem "offenen" Ausgang und macht gleichzeitig klar, dass der Klub das Geld für seine Mannschaft benötigt. Kurz vor Saisonstart möchte der HSV eigentlich noch einen Rückraumspieler verpflichten, hier ist der Kader etwas dünn bestückt, das haben die letzten Testspiele gezeigt. Doch Evermann sagt: "Im Moment ist kein finanzieller Spielraum."

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