Süddeutsche Zeitung

DFB-Gegner Japan:Herr Schmidt ist der Held des Tages

Lesezeit: 3 min

Japans Fußballer testen in Düsseldorf gegen Ecuador. Falls das Ziel war, vor der Haustür des WM-Gegners Eindruck zu schinden, wurde dies deutlich verfehlt. Der beste Mann ist noch der Torwart.

Von Javier Cáceres, Düsseldorf

Fußball ist immer auch eine Frage des Gemütszustandes, insofern lautet die womöglich beste Nachricht aus dem Lager des ersten deutschen WM-Gegners: Japans Respekt vor der DFB-Elf hat weiterhin Bestand. Das Team von Bundestrainer Hansi Flick hat zwar von den jüngsten sieben Partien nur eine gewonnen und nach der Heimniederlage gegen Ungarn nun in England eine 2:0-Führung verspielt. Aber davon lässt sich Genki Haraguchi von Bundesliga-Tabellenführer Union Berlin nicht beirren. Haraguchi zitierte beim Gedanken an den Auftaktgegner in Katar erst mal Spielernamen des FC Bayern: "Kimmich! Müller! Neuer!", zählte er ehrfürchtig auf, ehe er mit orientalischer Tiefgründigkeit anmerkte: "Deutschland ist immer Deutschland."

Seit Ende vergangener Woche waren Japans Nationalkicker auf deutschem Boden, um für die WM zu proben - genauer gesagt: in Düsseldorf, das auch wegen seiner hohen Zahl an japanischen Mitbürgern als "Little Tokyo" bekannt ist. Ein weiterer Vorteil dabei: Weil die meisten Spieler der Japaner in Europa aktiv sind, konnte man ihnen kurz vor der WM die Belastung eines Interkontinentalflugs ersparen.

Der Nachteil des Manövers auf gegnerischem Terrain: Die Düsseldorfer Arena, in der normalerweise die Fortuna ihre Heimspiele austrägt, war nur spärlich ausgelastet. Sowohl am Freitag, als die Japaner 2:0 gegen die USA siegten, wie auch am Dienstag beim zweiten Test gegen Ecuador. Ohne die Wärme eines vollen Heimstadions kam Japan diesmal nicht über ein 0:0 hinaus. In der zweiten Halbzeit konnten sich die Japaner zwar steigern, am Ende aber hatten sie sogar Glück, dass Enner Valencia einen Foulelfmeter für Ecuador vergab (83.).

Japans Torwart mit dem sagenhaft deutschen Namen Daniel Schmidt - der 30-Jährige mit einem deutschen Vorfahren wurde in den USA geboren und ist Japans dritter Keeper - hielt bravourös. Das änderte aber nichts am grundsätzlichen Resümee: Sollte es das Ziel der Japaner gewesen sein, in Deutschland vor der Haustür des WM-Gegners Eindruck zu schinden, wurde dies einigermaßen verfehlt. Aber womöglich war der Besuch in Düsseldorf auch bloß als gigantische Desinformationskampagne angelegt.

Es gebe keine Fußballphilosophie im engeren Sinne, die er verfolge, hatte Japans Nationaltrainer Hajime Morijasu, 54, am Vorabend der Partie gesagt; am Ende gehe es ihm darum, in seine Mannschaft hineinzuhören und zu erspüren, in welchem Spielstil sie sich wohlfühle. Das Resultat der Konsultationen: "Die Basis unseres Spiels ist die kompakte Abwehrarbeit, um dann mit hoher Intensität, Geschwindigkeit und Technik zu unseren Chancen zu kommen", sagt Morijasu.

Auch viele Bundesliga-Profis auf dem Platz sorgen nicht für ein wirklich ansehnliches Spiel

Gegen die USA war das noch gut zu erkennen gewesen, gegen die Ecuadorianer sah man es kaum. Das hohe Anlaufen, mit dem die Japaner die Amerikaner beeindruckt hatten, wenn sie oft mit sechs Spielern in der gegnerischen Hälfte pressten, fand am Dienstag lange Zeit nicht statt. Die Ecuadorianer waren ihrerseits mit einschüchternder Kompromisslosigkeit unterwegs und körperlich derart überlegen, dass die Japaner feingliedrig, zart und liebenswürdig wirkten wie Helden aus einem jugendfreien Manga-Comic. Fazit: Zweikämpfe sind ihre Sache nur sehr bedingt.

Das galt auch für Angreifer Takumi Minamino, der einst bei RB Salzburg so einschlug, dass ihn Jürgen Klopp zum FC Liverpool lotste. Inzwischen wurde Minamino nach Monaco weitergereicht, im Japan-Trikot enttäuschte er am Dienstag. Allerdings spielte bei Japans dürftigem Auftritt auch eine Rolle, dass Trainer Morijasu einer Reihe von Reservisten eine Chance gab, die aus ihrem Plus an Ballbesitz null Kapital schlagen konnten - trotz einer Reihe von Bundesliga-Profis. In der Startelf standen Hiroki Ito (Stuttgart), Ao Tanaka (Düsseldorf) und Ritsu Doan (Freiburg) - die Stammspieler Wataru Endo (Stuttgart) und Daichi Kamada (Frankfurt) durften in der zweiten Halbzeit ran.

Ecuadors Trainer Gustavo Alfaro fand lobende Worte: "Japan hat eine in Angriff und Abwehr sehr gut organisierte Mannschaft", sagte er nach der Partie. Doch wäre sein eigenes Team in der Offensive nicht so harmlos gewesen, dann hätten die Japaner wohl ihre WM-Generalprobe gehörig verpatzt. Romario Ibarra traf aus 15 Metern den Pfosten; und der Torwart Schmidt, der in Belgien beim Erstligisten Saint-Truidense spielt, verhinderte nach einem Eckballtumult per großartigem Reflex ein Tor für Ecuador. Auf der anderen Seite luden die Südamerikaner die Japaner nur einmal zu einer Großchance ein - als Villarreal-Verteidiger Pervis Estupiñán auf die ungehörige Idee kam, quer durch den Fünfmeterraum zu dribbeln und dann auf den Mittelstürmer der Japaner zu passen. Aber jener Kyogo Furhashi (Celtic Glasgow) vergab aus elf Metern.

Nach der Pause wirkte das Spiel ausgeglichener, insbesondere Kamadas Einwechslung machte sich bemerkbar. Ayase Ueda (68.) scheiterte knapp mit einem Kopfstoß, Ritus Doan mit einem Schuss aus 14 Metern (79.). Doch der Held des Tages der Japaner hieß: Daniel Schmidt.

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