Süddeutsche Zeitung

Fußball:Thomas Tuchel ist der Favorit des Emirs

Lesezeit: 2 min

Von Oliver Meiler

Es kommt nicht so oft vor, dass L'Équipe, die große Pariser Sportzeitung, ihre erste Seite mit schwarz, rot und gold tapeziert, den deutschen Landesfarben. Vielleicht ist es noch nie vorgekommen. Diesmal schien der Anlass aber passend zu sein. Zum Karfreitag verkündete das Blatt seiner Leserschaft, dass der größte und wichtigste Fußballklub im Land, Paris Saint-Germain, für den Trainerposten an eine "Option Allemand" denke. In der Schule nennt man Wahlfächer so: "Option Deutsch" zum Beispiel.

In diesem Fall aber handelt die Berichterstattung, insgesamt drei Seiten lang, von zwei Herrschaften, von denen das Blatt behauptet, sie seien im Gespräch für den Job - Ersterer offenbar sehr viel chancenreicher als Letzterer: Thomas Tuchel und Joachim Löw. Tuchel, schreibt die Zeitung, sei der große Favorit des Emirs aus Katar, Tamim bin Hamad al-Thani, und das ist in diesem Fall nicht unwesentlich: Der Verein gehört dem Herrscher vom Golf seit 2011. Dieser Tamim bin Hamad al-Thani soll ganz begeistert sein vom Fußball, den Tuchel in seiner Zeit bei Borussia Dortmund spielen ließ, offensiv, mit taktischer Variabilität und Liebe zum Detail.

Außerdem sei Tuchel, "dieses Fußballhirn", frei, könne also sofort beginnen und spreche auch passabel Französisch. Auch nicht unbedeutend sei es den Katarern, dass Tuchel seine Teams angeblich wie ein "Militäroffizier" anführe, also keiner sei, der sich von Spielern an der Nase herumführen lasse, mögen die auch Superstars ihres Fachs sein. Damit hat man in Paris zuletzt reichlich Erfahrung gemacht.

Der derzeitige Coach von PSG, der Baske Unai Emery, mühte sich bisher vor allem mit den Egos seiner prominentesten Spieler ab, primär mit Neymar und Edinson Cavani, die sich episch und infantil um die Hackordnung beim Elfmeterschießen balgten; Emery muss zum Ende der Saison auch deshalb gehen. Bei Laurent Blanc, Trainer von 2013 bis 2016, war es ähnlich: In jener Zeit war Zlatan Ibrahimovic der Chef, auf und neben dem Platz. Tuchel, schreibt L'Equipe, habe zwar noch nie ein Team mit wirklich großen Namen trainiert, doch die halbe Fußballwelt wolle ihm genau dabei endlich einmal zusehen können. Am nötigen Selbstbewusstsein mangele es dem Deutschen nicht.

Und in Dortmund hat er offenbar gerade mit den Promi-Spielern wie Aubameyang und Dembélé gut harmoniert.

Tuchel soll endlich den Champions-League-Titel nach Paris holen

Tuchel müsste den Katarern versprechen, dass er ihnen endlich jenen Pokal beschert, für den sie seit sieben Jahren ein Höllengeld ausgeben: die Trophäe der Champions League. Alles am Projekt PSG ist darauf angelegt, Nummer eins in Europa zu werden. 2018 ist man nun schon im Achtelfinale gescheitert - gegen Real Madrid zwar, doch Ausreden gelten nicht mehr.

Die Option Tuchel erscheint für PSG realistisch, nachdem die Einigung des früheren BVB-Trainers mit dem FC Bayern an Tuchels Ankündigung gescheitert war, sich mit einem europäischen Topklub einig zu sein; die Bayern kamen zu spät. Etwas abenteuerlich mutet dagegen der zweite Teil der L'Équipe-Geschichte an: Der einzige ernsthafte Rivale erwachse Tuchel in der Person des Bundestrainers, der aber "mehrere Längen Rückstand" habe. Die Formulierung insinuiert, dass Löw am Rennen teilnähme, was aber wohl eher einer wilden Fantasie entspringt.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3927117
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 31.03.2018
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.