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Früherer US-Trainer zur Frauen-WM:"Ich hätte dieses Spiel lieber als Finale gesehen"

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Vor dem Duell gegen Deutschland spricht der einstige US-Coach Tony DiCicco über die Entwicklung des Frauenfußballs - im SZ-Interview erklärt er, warum die Amerikanerinnen heute Nacht im Vorteil sind.

Von Kathrin Steinbichler, Montréal

Tony DiCicco führte die Frauen-Nationalmannschaft der USA zu ihrem letzten WM-Titel beim Heimturnier 1999. Im WM-Halbfinale treffen die US-Spielerinnen jetzt auf Deutschland (1 Uhr im Liveticker bei SZ.de). Nicht nur für den ehemaligen Coach ein Spiel, das "ich lieber im Finale gesehen hätte". Im SZ-Interview spricht der 66-Jährige nun über den Erwartungsdruck im eigenen Land, die Chancen der amerikanischen Profiliga und Störfeuer aus dem Privatleben der Spielerinnen.

Der Druck auf das US-Team, den WM-Titel nach 16 Jahren wieder zu gewinnen, sei enorm hoch, meint DiCicco. Er sieht die Erwartungen an die US-Mannschaft und an Deutschland ähnlich. "Ich denke, da geht es der deutschen Mannschaft nicht anders, auch von ihr wird viel erwartet", so der Fußballexperte, der ergänzend sagt: "Noch dazu sollen Mannschaften wie die USA oder Deutschland nicht nur gewinnen, sie sollen dabei auch noch Flair und Stil und guten Fußball zeigen."

Dass das Turnier im Nachbarland Kanada ausgetragen wird, sieht er als Vorteil. Die Stadien seien voll mit amerikanischen Fans, die US-Frauen könnten sich aber trotzdem voll auf den Sport konzentrieren: "Das US-Team hat nicht die Ablenkungen, mit denen du als Gastgeber konfrontiert bist und mit denen Deutschland 2011 bittere Erfahrungen hat machen müssen."

DiCicco beobachtet den US-Frauenfußball sehr genau - ihm sind entscheidende Dinge aufgefallen. Trotz schlechter Erfahrungen bei den vergangenen Turnieren elektrisieren die Spielerinnen weiterhin ihre Nation. Doch in ihrer Profiliga läuft es nicht rund. Zwei gescheiterte Versuche, eine Frauenliga zu installieren, führten nicht zum gewünschten Erfolg, weil es an der Finazierung haperte. DiCicco wähnt jetzt das dritte Unterfangen auf einem guten Weg. "Es ist keine so glanzvolle, große Liga mehr wie Anfang des Jahrtausends, als noch Doris Fitschen oder Steffi Jones hier gespielt haben. Aber diesmal, denke ich, packen wir es richtig an", sagt der heutige TV-Mann.

Dass die US-Frauen zuletzt auch mit Eskapaden für Aufregung sorgten, sieht DiCicco kritisch. Torhüterin Hope Solo steht sinnbildlich für die Eskapaden. Sie war während der WM-Vorbereitung für einen Monat gesperrt, nachdem sie bei einer Alkoholfahrt mit ihrem Ehemann im US-Teambus aufflog. "Diese ständigen Vorfälle stören, und ich denke, sie werden zu einem Problem werden nach dem Turnier", sagt DiCicco. Er will, dass die Mannschaft ein besseres Bild in der Öffentlichkeit gibt: "Das ganze Theater um Solo ist nicht ideal für die Mannschaft, und als Amerikaner wünsche ich mir, wir hätten ein viel saubereres Image."

Sollte der Titel-Erfolg in Kanada ausbleiben und die Nationaltrainerin Jill Ellis ihren Posten räumen, wüsste DiCicco einen geeigneten Nachfolger: "Oh ich würde liebend gerne zurückkommen. Ich denke, ich wüsste, was diese Mannschaft braucht."

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