Süddeutsche Zeitung

Fifa:"Möglicherweise von strafrechtlicher Relevanz"

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Nach der Suspendierung ihres Fifa-Chefermittlers häufen sich die Fragen an die Schweizer Bundesanwaltschaft.

Von Johannes Aumüller und Thomas Kistner, Frankfurt

Die Bundesanwaltschaft Bern (BA) gerät wegen ihres Verhaltens im Ermittlungskomplex rund um den Fußball-Weltverband (Fifa) immer stärker unter Druck. Dabei geht es vor allem um die Ende der vergangenen Woche bestätigte Freistellung des für Wirtschaftskriminalität und damit auch für die Fifa-Ermittlungen verantwortlichen Abteilungsleiters Olivier Thormann, deren Umstände auch die zuständige Aufsichtsbehörde beschäftigen.

Nach Angaben der Bundesanwaltschaft erhielt ihr Behördenchef Michael Lauber Ende September Informationen über Vorwürfe gegen seinen Abteilungsleiter. Diese stehen im Zusammenhang mit dem Fußball-Komplex und seien "möglicherweise von strafrechtlicher Relevanz". Jedoch dauerte es, bis die BA diese Information auch an ihre Aufsichtsbehörde weitertrug. Diese erfuhr am 5. Oktober von den Vorwürfen, wie sie mitteilt; am 9. Oktober ging bei ihr der Antrag der BA ein, für diesen Fall einen außerordentlichen Staatsanwalt einzusetzen. Sogar bis Ende Oktober, also weitere fast vier Wochen, dauerte es dann, bis die Bundesanwaltschaft Thormann freistellte - in einer einvernehmlichen Entscheidung, wie sie betont.

Allerdings ist die Frage, warum es so lange Zeit bis zur Unterrichtung der Aufsichtsbehörde und noch so viele Tage länger bis zur Freistellung dauerte - und welche Abklärungen in diesem Zeitraum getroffen wurden. Die BA beantwortet konkrete Nachfragen dazu nicht. Die Aufsichtsbehörde, bei der es sich um ein siebenköpfiges Gremium handelt, das der Bundesrichter Nikolaus Oberholzer leitet, teilt mit: Ob die Bundesanwaltschaft "zeitgerecht informierte, bildet ebenfalls Gegenstand der laufenden aufsichtsrechtlichen Abklärungen". Ihre laufenden Abklärungen kommentiere sie jedoch nicht.

Unklar ist, welcher Natur die Vorwürfe gegen Thormann sind, von denen Lauber Ende September erfuhr. Auch die SZ-Frage, ob es dabei um Themen der persönlichen Nähe zur Fifa ging - so wie das gerade beim Walliser Staatsanwalt Rinaldo Arnold der Fall ist -, beantwortet die Bundesanwaltschaft nicht. Sie betont lediglich, dass die Vorwürfe nicht im Zusammenhang stünden mit heiklen Zusammenkünften aus dem Frühjahr 2016. Seinerzeit traf sich BA-Boss Lauber binnen vier Wochen zweimal mit dem damals frisch ins Amt gelangten Fifa-Präsidenten Gianni Infantino. Insbesondere das zweite Treffen am 22. April wird kritisch gesehen, weil kurz zuvor ein Strafverfahren gegen Unbekannt eröffnet worden war, für das Infantino eine wichtige Rolle spielte. Er hatte in den Nullerjahren als Direktor für Europas Fußball-Union Uefa einen obskuren TV-Rechtevertrag abgeschlossen. Vertragspartner war die Firma zweier Argentinier, die zur Zeit des BA-Treffens schon in der US-Anklageschrift zum Fußballsumpf standen.

Die Bundesanwaltschaft ermittelt seit 2015 im Fußballkomplex. Aktuell führt sie rund 25 Verfahren. Darunter ist auch eines gegen den früheren Fifa-Präsidenten Sepp Blatter wegen des Verdachts auf ungetreuer Geschäftsbesorgung im Kontext von TV-Rechte-Vergaben, und ein anderes gegen Franz Beckenbauer und weitere Verantwortliche der deutschen Fußball-WM 2006 wegen des Verdachts auf Untreue bei der Überweisung von 6,7 Millionen Euro im Jahr 2005.

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Quelle:
SZ vom 14.11.2018
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