Süddeutsche Zeitung

FC Bayern: Weihnachtsfeiern:Der Pointen-Präsident

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Zu Besuch beim Fanklub in Truchtlaching: Bayern-Präsident Uli Hoeneß schimpft über Schweinsteiger und muss sich vom Nikolaus schelten lassen.

Philipp Crone

Uli Hoeneß wird später erst nervös werden, Lukas ist es jetzt schon. Der zehnjährige Junge aus Truchtlaching am Chiemsee sitzt in der ersten Reihe des großen Saales im Gasthof "Zur Post". Er und seine vier Schulfreunde haben sich die besten Plätze gesichert - ganz vorne beim Podium, auf dem Hoeneß gleich erzählen wird, mit Blick wie in eine Fankurve. Die etwa 300 Anhänger vom Fanclub "Seeoner Seedeife'n" warten schon seit Mittag, tragen Trikots aus allen Dekaden des Vereins, die Wände sind rot und weiß. Es ist relativ ruhig, er könnte ja jeden Moment kommen, der Uli, ins rot-weiße Pilgerzentrum am Chiemsee, zum Weihnachtsbesuch, seinem ersten als Präsident.

Die jungen Fans spielen Uno und trinken Spezi, die alten Fans spielen mit ihren Handys und trinken Bier. Männer checken noch einmal die Akkus ihrer Digitalkameras, Frauen die Farbe ihrer Lippen. Und jeder schaut alle zehn Sekunden zum Eingang. Auch Lukas, dessen Gesicht ein bisschen bleich ist. "Ich bin so aufgeregt. Was bringt er uns wohl mit?" Gemeint ist der, dessen Gesicht eher immer ein bisschen rot ist und der gerade vor dem Haus von einer Kapelle begrüßt wird. Uli Hoeneß und die ganze Profimannschaft des FCBayern schwärmen aus an diesem dritten Advent. Bis zu 400 Kilometer weit fahren einzelne Spieler, und manche richtig schnell.

Als Hoeneß in einem Nebenraum den Fanclub-Vorstand begrüßt, sagt er: "Die Fahrt hierher war gemütlich, nur auf der Autobahn kam plötzlich einer von hinten mit Lichthupe angerast. Ich denk mir: Was ist das denn für ein Vollpenner? Er donnert vorbei - war's der Schweini." Der musste in die gleiche Richtung, nach Inzell.

Eine halbe Stunde später ist das Warten für Lukas vorbei. Der nun schon in tiefer Hoeneß-Röte gefärbte Neu-Präsident schreitet zu Blasmusik und Applaus auf das Podium. Gleich wird sich zeigen, ob er noch der Alte ist - das angriffslustige Alphatier der Bayern-Herde. Oder wird er jetzt zum zahmen Präsentier-Präsidenten? Nein, keine Sorge. Er präsentiert zwar, aber nur süffisante Pointen.

"Ich habe gelesen, dass wir jetzt bald 50 Wochen nicht mehr Erster waren - fast so lange wie Schalke keine Schale gewonnen hat, nur in Jahren." Johlen. Über den Slogan des FC Barcelona ("Mehr als ein Klub"): "Der des FC Bayern müsste lauten: Viel mehr als ein Klub." Und: "Transfers sind das Schwierigste überhaupt. Ihr solltet aufhören, Managerspiele am Computer zu spielen. Da kommt es nämlich nicht vor, dass ein Spieler in der Halbzeit nach Hause fährt wie der Luca Toni."

Lukas und seine Freunde warten auf ihren Einsatz und vertreiben sich die Zeit mit: Tannennadeln in das Speziglas der anderen werfen. Doch erst liest der Nikolaus Hoeneß die Leviten, der im ersten Moment wirklich ein bisschen ängstlich wirkt, wie der Rot-Anzeiger in seinem Gesicht verrät. Wird ihm die holprige Hinrunde noch einmal vorgelesen? Nein - bloß, dass die Sechziger noch immer mit in der Arena spielen dürfen. Es folgt die Bescherung.

Darauf hat Lukas gewartet: Geschenke. Er stellt sich in die Reihe und wartet geduldig auf sein Uli-Autogramm. Ein kurzer Blick auf das Foto, der Entschluss steht: "Kommt übers Bett." Nur einer ist später mit der Ausbeute unzufrieden. Er hat Autogrammkarten von allen Spielern in der Hand, "aber Ribéry fehlt". Da ist der Präsident schon wieder auf der Autobahn. Erst jetzt hat er wirklich Grund, nervös zu werden - in Inzell bricht auch Schweinsteiger auf.

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Quelle:
SZ vom 15.12.2009
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