Süddeutsche Zeitung

2:1 gegen Union Berlin:Der FC Lewandowski

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Aus dem Stadion von Maik Rosner

Lachend und beschwingt trat Uli Hoeneß aus dem Kabinengang, und auf seinem Weg durch die Medienzone beließ es der Präsident beim Hinweis auf den ersten Platz seines FC Bayern. "Ich schau mir nur die Tabelle an", sagte Hoeneß, ehe er von dannen zog. Sein vergnügter Gesichtsausdruck dabei erzählte auch davon, dass er die Details dieses 2:1 (1:0)-Sieges gegen Union Berlin vernachlässigte. Darunter vor allem jene Mühen des Meisters gegen den Aufsteiger, mit denen die Spitze der Liga erklommen worden war, jedenfalls vorübergehend.

Zumindest bis zu den Sonntagsspielen von Mönchengladbach und Wolfsburg können die Münchner und Hoeneß nun wieder das tun, was ihnen am liebsten ist: von oben herab sehen. Natürlich nur tabellarisch gesprochen. Allerdings zeigte sich gegen die Berliner erneut, dass der Blick auf die Konkurrenz herunter nur bedingt sportlich begründet ist. Erneut allenfalls mäßig souverän war der erste Sieg in der Liga nach der 1:2-Heimniederlage gegen Hoffenheim und dem 2:2 in Augsburg geraten. Und wieder einmal hatte der FC Bayern einen maßgeblichen Teil seines Ertrages seinem Stürmer Robert Lewandowski zu verdanken.

Mit seinem 19. Tor im 14. Pflichtspiel der Saison hatte er das vorentscheidende 2:0 erzielt (53.), nachdem Benjamin Pavard früh zur Führung getroffen hatte (13.) und mit seinen zwei Ligatoren schon auf Platz zwei der internen Torschützenliste der laufenden Saison steht. Das erzählt auch viel über die Abhängigkeit von Lewandowskis bemerkenswerter Serie, die ihm am Samstag seinen gefühlt 82. Rekord einbrachte. An allen neun Spieltagen dieser Saison hat Lewandowski getroffen, das war vor ihm noch keinem Bundesliga-Profi gelungen. Insgesamt kommt er allein in der Liga schon auf 13 Tore. Und als Lewandowski später in der Interviewzone stand und dabei eine Trophäe in den Händen hielt, verzichtete auch er lieber auf eine tiefergehende Analyse der Mühen gegen den Aufsteiger. Auf die Fragen zur seiner Auszeichnung ging er dagegen gerne ein, sogar scherzend.

Als "bester Spieler" sei er gewürdigt worden, erklärte der Pole. Nachfrage: Also als bester Spieler des Spiels? "Nee", sagte Lewandowski, er lächelte schelmisch, "für die ganze Saison." So genau wusste er das tatsächlich nicht, "ich muss nachfragen", sagte er. Nach den bisherigen Eindrücken darf sich Lewandowski allerdings guten Gewissens als Spieler der Saison betrachten. Ohne seine Tore stünde die Mannschaft von Trainer Niko Kovac fernab der Spitze in der unteren Tabellenhälfte, und ohne sein Rekordtor wäre die Partie gegen Union wegen Sebastian Polters verwandeltem Foulelfmeter (86.) womöglich in einem Unentschieden gemündet. Es war sogar so, dass die Berliner schon zuvor einem Tor sehr nahegekommen waren. Doch Kapitän Manuel Neuer parierte Sebastian Anderssons Handelfmeter (58.). Viel hatte also nicht gefehlt, dass auch eine weniger schmückende Serie Bestand behält. In den vorherigen fünf Spielen hatten sich die Bayern stets zwei Gegentore eingehandelt.

Kovac sah aber davon ab, Kritik zu üben. Stattdessen lobte er lieber den Aufsteiger. "Union hat es außerordentlich gut gemacht", sagte der Trainer und hob hervor, dass die Berliner "mutig" aufgetreten seien und "sich nicht versteckt oder einbetoniert" hätten. Und auch wenn es lange ein zähes Ringen war mit einer ersten Halbzeit, in der die Bayern außer Pavards Führungstor keinen nennenswerten Abschluss zustande gebracht hatten, sei er "mit der Leistung meiner Mannschaft zufrieden, weil wir aus dem Spiel nichts zugelassen haben". Das stimmte weitgehend, ebenso wie sein Verweis auf die zweite Halbzeit mit einer "Reihe von Hochkarätern, die wir nicht genutzt haben. Irgendwann wird sich das wieder drehen", sagte er milde wie hoffnungsvoll und ließ einen Satz folgen, der Lewandowskis immensen Wert für die gesamte Belegschaft gut in Zusammenhang brachte. Kovac sagte: "Wir haben jetzt den Platz, den wir wollen, und wir haben Lewy, der einen Bundesliga-Rekord aufgestellt hat. Das ist schön." Ergänzen ließ sich: Beides hängt sehr eng miteinander zusammen und voneinander ab.

Lewandowski verwies später aber auch dezent darauf, dass er und seine Serie ebenfalls von den Leistungen der Kollegen abhängig sind. "Als Mannschaft können wir gewinnen, nicht durch meine Tore", sagte er und ließ anklingen, dass manches weiterhin nicht stimmig ineinander greift bei den Bayern. "Wir arbeiten daran, dass wir besser spielen", sagte er, immerhin sei es im "Ballbesitz schon deutlich besser" gewesen als zuletzt. Die Abhängigkeit von Lewandowski aber wird bleiben, bestenfalls aus Sicht der Münchner künftig in abgeschwächter Form. Bisher hat er 19 der insgesamt 40 Bayern-Tore in allen Wettbewerben dieser Saison erzielt. Nur im ersten Pflichtspiel, im Supercup, traf Lewandowski nicht. Damals verloren die Bayern bei Borussia Dortmund 0:2.

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SZ vom 27.10.2019
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