Süddeutsche Zeitung

FC Bayern:Und plötzlich ist dieser Supercup wichtig

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Von Martin Schneider, München

Und plötzlich ist dieser Supercup für den FC Bayern wichtig. "Auf jeden Fall eine große Bedeutung, definitiv", habe das Spiel am Samstag bei Borussia Dortmund, sagte zum Beispiel Mats Hummels. "Das ist unser Fokus jetzt, alles andere können wir vergessen", meinte der neue Sportdirektor Hasan Salihamidzic, und Thomas Müller erklärte: "Wir wollen auch mal wieder ein Ergebnis liefern."

Trainer Carlo Ancelotti ehrte den Supercup hingegen nicht nur mit Worten, sondern schon mit Taten. Er stellte im Duell gegen den SSC Neapel am Mittwochabend gleich fünf Jugend- und Amateurspieler auf, wechselte später noch drei weitere ein und schonte somit fast alle Stammkräfte. Der FC Bayern verlor folgerichtig 0:2, beendete den Audi-Cup, das eigene Sponsorenturnier, mit insgesamt null Toren als Letzter und wurde von den eigenen Fans ausgepfiffen. Das kommt in München selten vor, aber es war auch die fünfte Niederlage im sechsten Spiel - so etwas kommt in München noch seltener vor.

"Jetzt haben wir schon zwei, drei vor den Bug bekommen"

Der FC Bayern steckt in einer Krise, und das Gute aus Sicht der Münchner ist, dass es zunächst noch eine Vorbereitungskrise ist. Es ist faktisch nichts verloren, es waren alles bislang Testspiele. Aber zumindest das 0:3 gegen den FC Liverpool des Jürgen Klopp am Dienstag hatte durchaus einen ernsteren Charakter. Als das "schlechteste Spiel, seit ich beim FC Bayern bin" bezeichnete etwa Nationalverteidiger Mats Hummels den Auftritt: "Manchmal ist es gut, einen vor den Bug zu kriegen, jetzt haben wir schon zwei, drei vor den Bug bekommen. Das sollte nun aber zum letzten Mal der Fall gewesen sein."

Die Lage zu beschwichtigen, das war keine Option. Nur Sportdirektor Salihamidzic versuchte es, allerdings erfolglos: "Ich hätte lieber gewonnen, aber es ist halt so, es ist schade, aber mein Gott ..." Nach Maßnahmen wurde er gefragt, aber da konnte er auf die Tatsache verweisen, dass am Dienstag, beim 0:3 gegen Liverpool, sein erster Arbeitstag gewesen sei und man ihm schon etwas Zeit geben möge.

Der FC Bayern hat sich jedenfalls selbst Zeit gegeben, zunächst bis zum Supercup. Jenem Duell, bei dem kurz vor dem Bundesliga-Start immer der deutsche Meister gegen den Pokalsieger antritt, und bei dem man sich als Klub selbst aussuchen kann, wie wichtig man es nimmt. Erster Titel der Saison - oder besseres Testspiel, beide Interpretationen wären zulässig. Meistens trifft man diese Interpretation nach dem Abpfiff, je nachdem, ob gewonnen oder verloren wurde. In München haben sie sich nun bereits vor der Anreise zum Rivalen für die ganz besondere Bedeutung entschieden. Wenn das klappt, können sie sagen: Seht her, wenn es ernst wird, sind wir da, und nun vergessen wir das 0:4 gegen den AC Mailand, das 0:2 gegen Inter Mailand, den torlosen Sponsorencup, die holprige Sportdirektorsuche und die Gleichgewichtsprobleme bei der Kaderbalance.

Dafür spricht, dass Borussia Dortmund ebenfalls durch die Vorbereitung stolperte. Dagegen spricht, dass Passgeber Thiago wegen einer Bauchmuskelverletzung nicht rechtzeitig gesund wird, David Alabas Einsatz unwahrscheinlich ist, James Rodriguez mit einer Muskelverletzung am Oberschenkel wochenlang ausfallen wird, Arjen Robben und Jérôme Boateng noch nicht und Torwart Manuel Neuer noch lange nicht wieder fit sind. Die Confed-Cup-Teilnehmer Joshua Kimmich und Arturo Vidal könnten dadurch sehr schnell wieder in eine Startaufstellung rutschen.

"Man kann das als Ausrede nehmen, man kann sich auch Sorgen machen"

Aber die Kraft scheint eh nicht das Problem zu sein. Jürgen Klopp meinte - nachdem er mit Liverpool das Münchner Finale gegen Atlético Madrid im Elfmeterschießen verloren hatte - zu den Bayern-Auftritten: "Wer zwölf Tage in Asien verbringt, kommt zurück und zahlt dafür."

Eigentlich wäre das sogar eine mögliche und angenehme Erklärung. Das Problem daran ist, dass sich die Bayern-Spieler dem nicht anschließen wollen. "Man kann das als Ausrede nehmen, man kann sich auch Sorgen machen, das liegt bei jedem selbst", meinte Müller nebulös, während Hummels konkreter wurde: "Für viele Dinge kann man die Vorbereitung nicht als Alibi hernehmen." Er sagte auch, dass es einige Gespräche gab. Und dass sich diejenigen im Verein, die sich einen großen Kopf ums große Ganze machen, ein paar Sachen jetzt anschauen würden. Das klang dann wiederum stark nach Problemen, die durch einen Supercup-Sieg auf Anhieb nicht zu beheben wären.

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SZ vom 04.08.2017
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