Süddeutsche Zeitung

FC Bayern in Rottach-Egern:Früher ging auch mal ein Bier im Stüberl

Lesezeit: 2 min

Von Felix Haselsteiner, Tegernsee

Hunde sind Gewohnheitstiere, gerade wenn es um ihren täglichen Spaziergang geht, immerhin muss ja auch täglich das Revier neu markiert werden. Umso ärgerlicher ist es daher für manchen Hund, wenn der schöne Dammweg entlang der Rottach, die am Fußballplatz des FC Rottach entlang fließt, für einige Tage gesperrt ist, weil der FC Bayern München keine Zuschauer bei seinen geheimen Trainingseinheiten wünscht, nicht einmal Vierbeiner.

Der FC Bayern hat sein Revier derzeit in der Gemeinde Rottach-Egern an der Südseite des Tegernsees aufgeschlagen, er braucht es im Gegensatz zu den Rottacher Hunden allerdings nicht zu markieren. "Wir haben den Bayern vorübergehend das Hausrecht am Trainingsgelände übertragen", sagt Christian Köck, Bürgermeister von Rottach. "Das macht vieles einfacher, damit können sie auf dem Gelände zum Beispiel ihren eigenen Sicherheitsdienst haben."

Bis auf die Beschwerde eines Hundebesitzers wegen ebenjener Wegsperrung an der Rottach würden die 5700 Einwohner sich sehr gut mit dem FC Bayern zurechtfinden, erzählt Köck. Das Dorf ist es längst gewohnt, Fußballmannschaften im Trainingslager zu Gast zu haben. Der FC Basel und Borussia Mönchengladbach kommen seit Jahren an den Tegernsee, um sich vorzubereiten. 2018 sind es nun drei Mannschaften, mehr sollten es allerdings nicht mehr werden: "Dem FC Liverpool und Atlético Madrid mussten wir dieses Jahr absagen", berichtet Köck, "wenn der FC Bayern anfragt, hat das natürlich Priorität."

Die Bayern haben eine lange Trainingslager-Tradition am Tegernsee, bis 2006 bereiteten sie sich jährlich am Fuße des Wallbergs auf die neue Saison vor. Trainer Felix Magath wurde seinem Spitznamen "Quälix" gerecht, er ließ seine Spieler den 1722 Meter hohen Hausberg besteigen, teilweise mehrmals täglich. Niko Kovac hat den traditionellen Konditionslauf nicht auf den Plan geschrieben, überhaupt hat sich einiges verändert. "Früher hat man mit Jean-Marie Pfaff und einigen anderen Spielern am Freitagabend im Bräustüberl noch ein Bier trinken können", erinnert sich Köck. "Das geht heute nicht mehr, da sind alle sehr professionell. Thomas Müller holt sich höchstens mal ein Eis."

Die Münchner nehmen ihre Vorbereitung ernst, so ernst, dass sie vermutlich auch am frühen Mittwochabend (17.30 Uhr) seriös Fußball spielen werden. Da trifft der Rekordmeister auf den Zehntligisten FC Rottach-Egern. Auch für die Rottacher ist es der finale Test vor dem ersten Pflichtspiel, am Sonntag startet für sie die Saison gegen die zweite Mannschaft der Sportfreunde Aying. Da ist sportliche Ernsthaftigkeit erwünscht. "Spielen werden diejenigen, die im Moment am besten drauf sind", sagt Thomas Lamm, Vorstand beim FC: "Wir können keine 40 Spieler einsetzen, auch wenn jeder gerne gegen Bayern am Platz sein möchte."

Die Rottacher bereiten sich neben dem FC Bayern auf ihre Saison in der A-Klasse 3, vor, ohne Einschränkungen: "Wir würden ohnehin nicht auf dem Spielfeld trainieren, sondern auf dem Nebenplatz." Der Rasen wird zwar nicht geschont, aber damit kann man durchaus leben in Rottach, wenn dafür der FC Bayern 2500 Leute zum Testspiel mitbringt. Lamm hat vor dieser Kulisse selbst schon häufig gegen den FC Bayern gespielt. Die Endergebnisse spielen in Rottach höchstens eine Nebenrolle. Der größte Erfolg? "Wir haben einmal 30 Minuten lang ein 0:0 gehalten, das war fast eine Sensation", erinnert sich Lamm: "Stefan Effenberg hat irgendwann seine Mitspieler angefahren, die sollen endlich Gas geben und zeigen, welche von den beiden Mannschaften ihr Geld mit Fußballspielen verdient. Eine höhere Auszeichnung konnte man kaum bekommen."

Die Partie am Mittwochabend ist der letzte Höhepunkt des Trainingslager-Sommers in Rottach. Am Donnerstag reisen die Bayern ab, dann kehrt Ruhe ein in Rottach - und die Vierbeiner dürfen wieder ihr Revier markieren.

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Quelle:
SZ vom 08.08.2018
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