Süddeutsche Zeitung

FC Bayern:Vier Tage, um den Rhythmus zu finden

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Nach dem vierten von vier sieglosen Tests bleibt beim FC Bayern kaum Zeit bis zum ersten Pflichtspiel im DFB-Pokal. Sorgen über einen Fehlstart will sich Trainer Julian Nagelsmann trotzdem nicht machen.

Von Sebastian Fischer, München

Jamal Musiala dribbelte kurz, spielte nach vorn auf Leroy Sané, der ließ den Ball mit dem Außenrist prallen, Robert Lewandowski schoss am Tor vorbei. Es war eine flüssige Kombination zwischen den drei Nationalspielern des FC Bayern, eine Viertelstunde war da vorbei im Test gegen den SSC Neapel. Es handelte sich außerdem um eine von wenigen Szenen, die nun die Hoffnungen des deutschen Rekordmeisters auf einen erfolgreichen Saisonbeginn begründen.

Ob er einen Fehlstart in seine erste Spielzeit als Trainer des FC Bayern befürchte, das ist Julian Nagelsmann am Samstagabend gefragt worden, als nach dem 0:3 (0:0) gegen Neapel feststand, dass sein Team das dritte von vier Freundschaftsspielen dieses Sommers verloren und keines gewonnen hatte. "Die Sorge habe ich jetzt nicht", antwortete Nagelsmann. Dann führte er aus, dass die Stammspieler nun ihren Rhythmus finden müssten. Dafür bleiben ihnen allerdings vor dem ersten Pflichtspiel nur noch vier Trainingstage. Man müsse dann vielleicht auch mal zur Übung Elf-gegen-Elf unter sich spielen, erklärte der Trainer weiter. Für neue Inhalte, das hatte er schon unter der Woche erklärt, sei ohnehin erst mal keine Zeit.

Erst an diesem Montag, also kurz vor dem Erstrundenspiel im DFB-Pokal beim Oberligisten Bremer SV am Freitagabend (20.45 Uhr), werden alle Bayern-Profis aus dem verlängerten Urlaub nach der Europameisterschaft im Mannschaftstraining zurück sein. Manuel Neuer, Joshua Kimmich und Thomas Müller hatten noch etwas länger frei als der Rest, wobei Müller schon seit einer Woche auf den Plätzen an der Säbener Straße alleine trainiert. Für die übrigen, derzeit gesunden Nationalspieler war die erste Halbzeit gegen Neapel der erste Einsatz nach der Pause und nach zuvor nur drei Trainingseinheiten. Die erste Halbzeit, immerhin, war 0:0 zu Ende gegangen, mit einem Chancenplus und mehr Ballbesitz für die Bayern. Die drei Gegentore fielen später, als wie in den drei Freundschaftsspielen zuvor überwiegend Fußballer aus der Bayern-Jugend oder der Reserve auf dem Platz standen.

Zu möglichen Verstärkungen äußert sich Nagelsmann diplomatisch

Normalerweise ist der letzte Test vor dem Saisonstart ein geeigneter Anlass, danach die Gewinner der Vorbereitung zu küren: Spieler, die sich empfohlen haben, mit denen vorher niemand gerechnet hatte. Wenn aber die Vorbereitung erst nach dem letzten Test so richtig beginnt, ist das natürlich kompliziert. Man könnte vielleicht Thorben Rhein erwähnen, den 19 Jahre alten Mittelfeldspieler mit auffällig sicherem Passspiel, oder den vielseitig einsetzbaren Verteidiger Josip Stanisic, 21. Doch Nagelsmann sagte selbst, dass es sich bei den zuletzt eingesetzten Fußballern um Spieler handele, die demnächst "wahrscheinlich weniger spielen werden".

Ein Gewinner der Vorbereitung, immerhin, ist der Innenverteidiger Tanguy Nianzou, wobei er nicht die Voraussetzung erfüllt, dass mit ihm niemand gerechnet hätte. Der 19-Jährige, 2020 bei Paris Saint-Germain abgeworben, galt schon in der vergangenen Saison als großes Talent, ihn bremsten bloß Verletzungen. Nun gilt er als möglicher Startelfkandidat in der Innenverteidigung neben Dayot Upamecano für die ersten Wochen, auch weil Nationalspieler Niklas Süle das Training zuletzt wegen Rückenschmerzen abbrach und Lucas Hernández ebenfalls noch verletzt fehlt. Nianzou habe sich nach einem schwachen ersten Testspiel (2:3 gegen den 1. FC Köln) gesteigert und sei lernwillig, lobte Nagelsmann. Er habe "keine Bedenken" ihn aufzustellen.

Ein Verlierer der Vorbereitung ist dagegen wohl der Mittelfeldspieler Michaël Cuisance, 21, der in der vergangenen Saison an Olympique Marseille ausgeliehen war und seit seiner Rückkehr um eine Rolle als Ergänzungsspieler des Kaders in München kämpfen sollte. Gegen Neapel verschuldete er das erste Gegentor mit einem Ballverlust, das zweite nur zwei Minuten später leitete er mit einem Fehlpass ein.

Ähnlich wie Cuisance hätte sich in den vergangenen Wochen auch Joshua Zirkzee empfehlen können, doch der Stürmer, 20, war gegen Neapel gar nicht dabei, er steht womöglich vor seinem nächsten Wechsel. Das wiederum führt zu einer Frage, die den Verantwortlichen in München wohl bis Ende August gestellt werden dürfte: Muss der kleine Kader nicht womöglich doch noch verstärkt werden, der gebotenen Sparsamkeit in Corona-Zeiten zum Trotz?

"Nee, ich denke, wir sind sehr gut aufgestellt in allen Mannschaftsteilen", sagte Vorstandschef Oliver Kahn am Samstag bei RTL, der Kader sei "exzellent". Und Nagelsmann äußerte sich so diplomatisch, wie er das seit seiner Ankunft in München macht. Ein Fußballklub habe immer die Aufgabe, den Markt zu sondieren. Aber: "Wenn nichts auf dem Markt ist, dann haben wir einen guten Kader."

Nagelsmann sprach allerdings über seine Hoffnung, dass der Kader nicht noch kleiner wird, kurzfristig und langfristig. Flügelstürmer Kingsley Coman, gegen Neapel schon nach wenigen Minuten ausgewechselt, habe dem Vernehmen nach nur eine Rippenprellung und werde nicht lange ausfallen. Und Leon Goretzka, dessen Verhandlungen über eine Vertragsverlängerung in München über 2022 hinaus sich gerade offenbar kompliziert gestalten, werde hoffentlich länger in München bleiben. "Mein Part ist der sportliche", sagte Nagelsmann über Goretzka: "Ich hoffe, dass er an die sportlichen Dinge einen Haken macht."

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