Süddeutsche Zeitung

Basketball:"Wir verdienen diese Fans nicht "

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Der FC Bayern blamiert sich mit einer deutlichen Heimniederlage gegen Hamburg und fährt in schlechter Verfassung zum richtungsweisenden Pokal-Halbfinale gegen Titelverteidiger Berlin. Trainer Andrea Trinchieri findet deutliche Worte.

Von Ralf Tögel

In solchen Momenten lassen sie beim FC Bayern gerne moderate Kräfte wirken. Wie den netten Herrn Giffey. Also trat der Guard der Münchner Basketballer bei Magentasport vors Mikrofon und sagte etwas von einem "nicht passenden Mindset" und sinngemäß, dass er sowie seine Kollegen schon wüssten, was sie da angerichtet hatten. Nämlich eine 70:89-Heimpleite gegen die Hamburg Towers, bei der die Mannschaft einen bedenklichen Eindruck hinterließ. Ausgerechnet vor dem vorerst wichtigsten Spiel der Saison: Am Samstag geht es für die Münchner um den ersten Titel in dieser Spielzeit, dann spielt der FC Bayern beim Top-Four-Turnier in Oldenburg sein Pokal-Halbfinale gegen den Titelverteidiger und ewigen Rivalen Alba Berlin (19.30 Uhr, Magentasport). Angesichts der mittlerweile sehr theoretischen Chancen auf die Playoffs in der Euroleague und dem Anspruch des FC Bayern gewinnt dieser Pokal-Titel stark an Bedeutung.

Der Trainer verzichtete in der Emotion darauf, sich öffentlich mitzuteilen - Andrea Trinchieri nimmt bekanntlich selten ein Blatt vor den Mund. Erst später kam der Italiener auf der FCB-Homepage zu Wort und teilte angemessen scharf mit, wie blamabel die gebotene Leistung war: "Wir verdienen diese Fans nicht."

Positiv war am Valentinsabend nur die Kulisse, die immerhin 5163 Zuschauer feuerten ihr Team bis zum Schluss an

Das Publikum war der einzig positive Aspekt an diesem aus Münchner Sicht fürchterlichen Abend, die Bayern hatten sich einiges überlegt am Abend des Valentinstages und 5163 Zuschauer in den Audi Dome gelockt. Angesichts des Gegners und des Champions-League-Achtelfinales der kickenden Kollegen am selben Abend eine stattliche Kulisse, die das Team bis in die Schlussminuten nach Kräften anfeuerte.

Man muss den Spielern zugute halten, dass sie in drei Wettbewerben ein brutales Programm zu absolvieren haben. Und dem Trainer, dass ihm seit Wochen immer eine Handvoll Schlüsselspieler fehlen. Ein Blick auf die verbliebenen Namen allerdings rechtfertigt keinesfalls, sich von einem abstiegsgefährdeten Konkurrenten derart auseinandernehmen zu lassen. Vor allem die Defensive, Trinchieris Lieblingsdisziplin, hinterließ in der ersten Halbzeit einen lustlosen Eindruck. Der Trainer muss sich die Frage gefallen lassen, warum er seit Wochen und auch bei klarer Überlegenheit immer hauptsächlich auf die Stammkräfte zurückgreift und die Belastung nicht verteilt. So verbrachte Paul Zipser die gesamte Hamburg-Partie auf der Bank.

Es ist allerdings ebenso klar, dass schon am Samstag in Corey Walden, Cassius Winston und Isaac Bonga drei Akteure zurückkehren, die dem Bayern-Spiel mehr Qualität geben. Auch der zuletzt verletzte Othello Hunter dürfte wieder zu Kräften kommen. Der sportliche Schaden ist zugegebenermaßen ohnehin überschaubar: Die Chance, sich in der Hauptrunde von Platz drei zu verbessern, war vorher schon gering. Fürs Gemüt, das Umfeld und die Fans war der Auftritt allerdings ein herber Rückschlag, manch Zuschauer wird seine Ticketbestellung künftig wohl genauer überdenken. Zumal es nach dem 73:77 gegen Bonn die zweite Heimniederlage in Serie war.

Mit dem Pokalgewinn könnte dieser Abwärtstrend schlagartig ins Gegenteil gekehrt werden, die Klasse dafür hat auch ein ersatzgeschwächter Bayern-Kader. Der Klub hat das Double als Ziel definiert, bei einem weiteren Misserfolg nach einer Saison ohne Titel dürfte es für Trainer und Spieler ungemütlich werden. Das erhöht die Bedeutung des Spiels am Samstag.

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