Süddeutsche Zeitung

FC Bayern Basketball:Erster Sieg im neuen Wohnzimmer

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Erstes Bundesliga-Heimspiel nach 22 Jahren: Die Basketballer des FC Bayern mühen sich bei ihrer BBL-Premiere in der stimmungsvollen Rudi-Sedlmayer-Halle zu einem knappen Sieg gegen die Phantoms Braunschweig. Auf der Tribüne zeigt sich einige Prominenz des Fußballs - und ein urlaubender NBA-Profi aus Boston.

Jonas Beckenkamp

Als Bastian Schweinsteiger am Freitag in Istanbul den Elfmeter zum 3:1 gegen die Türkei verwandelt hatte, schickte er eine Botschaft in die Heimat. Der Bayern-Mittelfeldspieler hüpfte beim Torjubel wie ein Basketballer in die Luft und imitierte stilsicher die Bewegung eines Sprungwurfes. Dass der Fußballer einer der leidenschaftlichsten Fans der aufstrebenden Basketball-Abteilung seines Klubs ist, dürfte mittlerweile kein Geheimnis mehr sein. Doch dieses Mal konnte er wegen der Länderspielreise des DFB nicht dabei sein - ausgerechnet jetzt, wo in München erstmals seit 22 Jahren wieder ein Basketballspiel in der Bundesliga stattfand.

Die Heimpremiere in der umgebauten Rudi-Sedlymayer-Halle geriet für die Bayern zu einer gelungenen Vorführung ihrer Ambitionen. In der nicht ganz ausverkauften Arena, die der etwas überdrehte Hallensprecher ("Lasst uns die Halle zum brennen bringen") trotz ihrer grauen 70er-Jahre-Ästhetik unentwegt als "Wohnzimmer" zu verkaufen versuchte, gewann das Team von Trainer Dirk Bauermann gegen die Phantoms aus Braunschweig dank starker Nerven am Ende 90:87. Es war der erste Sieg in der BBL seit dem Jahr 1989, nachdem die Münchner ihr Auftaktspiel in Bonn noch knapp verloren hatten.

Dass Prominenz der Sorte Schweinsteiger zukünftig in dem knapp 7000 Zuschauer fassenden Oval auf Stammplätzen logiert, sollte die Verantwortlichen des Vereins freuen, denn: es gilt Akzeptanz zu schaffen für ein Projekt, das wegen seiner gezielten Finanzspritzen von Präsident Uli Hoeneß noch immer nicht ganz unumstritten ist. Selbstverständlich ließ es sich auch der Klubboss, neben Schweinsteiger der wohl zweitgrößte Anhänger seines eigenen Unternehmens, nicht nehmen, stolz seinen Sitz in der ersten Reihe einzunehmen - und weil es viel herzuzeigen gab, hatte er gleich seinen Bruder Dieter und Bayern-Abwehrspieler Rafinha im Schlepptau.

Doch nicht nur wegen der berühmten Fans scheint die Wiederbelebung des Basketballsports in München zu funktionieren: Es ist laut in der renovierten Arena, so laut sogar, dass man die auftippenden Bälle auf dem Parkett nicht hört. Das kurzweilige Spektakel mit der orangen Kugel scheint die Massen in München zu begeistern, auch wenn auf den Rängen bei weitem nicht alle Zuschauer zwingend als sachverständige Basketball-Kenner durchgehen. Dass aus den wummernden Hallen-Boxen in jeder noch so kurzen Unterbrechung gewöhnungsbedürftiges Kirmes-Gebratze dröhnt, scheint zumindest niemanden zu stören.

Etwas verstörend verlief für den Aufsteiger aber die Anfangsphase der Partie: Ähnlich wie bei der Pleite in Bonn starteten die Münchner unkonzentriert und lagen nach wenigen Minuten 4:11 im Rückstand, so dass Trainer Bauermann bereits verärgert eine Auszeit einforderte. Tabellenführer Braunschweig wirkte eingespielter, gedanklich schneller und konnte sich zunächst auf das sichere Händchen von Flügelspieler Nils Mittmann verlassen, der in Windeseile zehn Punkte sammelte. Nach dem ersten Viertel stand es 17:25 - auch, weil Coach Bauermann sich so über die Schiedsrichter aufregte, dass er mit einem technischen Foul bestraft wurde. Laut waren zu diesem Zeitpunkt vor allem die Braunschweiger Fans.

Und die Bayern? Sie kämpften noch mit sich selbst: Von der "deutschlandweit selten dagewesenen Defensive", die der Trainer angekündigt hatte, waren höchstens ihre riesigen Lücken zu sehen, vorne landeten immer wieder Bälle im Aus und unter dem Korb beherrschten die groß gewachsenen Niedersachsen das Geschehen.

Erst als Kapitän Steffen Hamann zweimal energisch zum Brett ging und Flügelspieler Je'Kel Foster aufzuwachen schien, konnten die Münchner verkürzen. Eine Minute vor der Halbzeit brachte der ebenfalls sehr agile Jonathan Wallace den FCB mit einem Dreier erstmals in Führung (40:39). Dass der FC Bayern hauptsächlich ein Fußballverein ist, war jetzt deutlich zu hören: "Steht auf, wenn ihr Bayern seid," schallte es durch die Halle.

In der Pause, es stand 41:40, avancierte NBA-Profi Jeff Green auf der Tribüne zur Autogramm-Attraktion - der Mann von den Boston Celtics besuchte seinen alten Uni-Kumpel Wallace, mit dem er in Georgetown zusammengespielt hatte. Als wieder Basketball auf dem Parkett stattfand, demonstrierten die Bayern, dass sie es auch besser können: Zwei Dreier der Nationalspieler Philipp Schwethelm und Jan Jagla sowie einer von Wallace - und es stand 57:50.

Besonders der zuletzt schwächelnde 2,12-Meter-Mann Jagla (insgesamt zehn Punkte) agierte engagiert wie lange nicht und pflückte Rebounds aus der Luft, als seien sie wertvolle Geldscheine. An seiner Leistungssteigerung ließ sich auch die Stabilisierung im Bayern-Spiel festmachen: der Ball lief flüssiger, die Abwehr stand sicherer und vorne fielen die Würfe.

Doch der Gast aus Braunschweig blieb dran und übernahm im vierten Viertel erneut die Führung, weil die Bayern mit ihren Freiwürfen umgingen, als seien sie nichts wert. So lagen die Phantoms Mitte des Schlussabschnitts mit 71:67 vorne. Die Partie steuerte auf ein enges Finale zu, von einem leichten Spiel zum Heimauftakt konnte aus Bayern-Sicht ohnehin nicht die Rede sein.

Ein Korbleger von Wallace besorgte das 76:76 und in der Halle standen die Zuschauer zwei Minuten vor Ende aufgeregt vor ihren Sitzen. Die Entscheidung brachten dann zwei beherzte Korbleger von Schwethelm (am Ende elf Zähler) und Wallace - der Amerikaner (25) krönte damit seine herausragende Leistung und die Arena klatschte kollektiv in die Hände. Im neuen Wohnzimmer der Bayern war es doch noch richtig heimelig geworden.

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