Süddeutsche Zeitung

FC Barcelona in München:Furcht vor dem Ritt durchs Inferno

Lesezeit: 1 min

Von Javier Cáceres, München

Euphorie? Weil doch am Dienstag im Halbfinalrückspiel der Champions League in München ein denkbar satter Vorsprung (3:0) verteidigt werden darf? Null. Nada. Wer am Montagmittag das Privileg hatte, zuzusehen wie die Expedition des FC Barcelona in München dem Charter-Flieger entstieg, der blickte in ernste, geschäftige, konzentrierte Gesichter, die genau das spiegelten, was Bedienstete direkt nach dem Hinspiel aus der Barça-Kabine im Camp Nou meldeten: Seriosität. Niemand sei nach dem 3:0 entrückt, es habe vielmehr ein Zustand großer Nüchternheit geherrscht, hieß es.

"Sie werden alles geben. Denn sie sind Deutsche", sagte Innenverteidiger Javier Mascherano nach der Landung in München: "Es wird ein hungriges Bayern sein."

Den Nimbus der Unverwundbarkeit haben die Deutschen zwar mit den Jahren verloren. In Barças Klubgeschichte jedoch glichen Ausflüge nach Deutschland stets Ritten durchs Inferno. Anfang der Sechzigerjahre wurden katalanische Hunde-Generationen nach "Schnoor" benannt, weil der Torwart des Hamburger SV, Horst Schnoor, unendlich viele Chancen einer mythisch verklärten Barça-Elf vereitelte.

Unvergessen ist das 0:7

Der erste Sieg im Europapokal der Landesmeister (1992) ist nicht nur wegen des Finaltors von Ronald Koeman gegen Sampdoria Genua in Erinnerung, sondern vor allem, weil der 1. FC Kaiserslautern das Dream Team von Johan Cruyff fast aus dem Wettbewerb gekippt hätte; der heutige Bayern-Trainer Pep Guardiola stand damals noch bei Barça auf dem Feld. Ferner unvergessen: Das 7:0 des FC Bayern aus den zwei Halbfinal-Spielen 2012/2013, das so manchen aus dem 29-köpfigen Profi-Tross des FC Barcelona bis heute begleitet.

"Ein Halbfinale der Champions League erlaubt es niemandem, entspannt zu sein", sagte Trainer Luis Enrique. Gleichwohl: Bei allem Grundrespekt hält sich die Angst der Katalanen in Grenzen. Barça scheint zur aktuell besten Elf des Kontinents gereift zu sein. In den vergangenen sieben Spielen hat der Klub nicht weniger als 25 Tore erzielt - und nicht ein einziges zugelassen. Egal, ob der Torwart Claudio Bravo oder Marc-André ter Stegen hieß, die beiden wechseln sich in Liga und Champions League ab.

Ganz abgesehen davon, dass Neymar, Luis Suárez und Lionel Messi in der laufenden Saison 117 Tore geschossen haben. Da kann man schon mal gelassen sein.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2475213
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 12.05.2015
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.