Süddeutsche Zeitung

FC Augsburg:Platz eins für eine Nacht

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Der FCA startet überraschend mit zwei Siegen in die Saison. Im Klub führen sie das auch auf eine neue Hierarchie im Team zurück - mit Zugang Daniel Caligiuri in wichtiger Rolle.

Von Sebastian Fischer, Augsburg

Wenn man Daniel Caligiuri auf eine außergewöhnliche Fähigkeit anspricht, erklärt er sie eher gewöhnlich: "Ich arbeite jede Woche daran. Ich versuche mich zu konzentrieren und den Raum anzuvisieren, der gefährlich sein könnte." So hat er jedenfalls vor etwas weniger als einem Jahr über das Ausführen von Freistößen gesprochen, damals war er noch als Spieler von Schalke 04 in Augsburg zu Gast und hatte auf diese Weise mal wieder zwei Tore vorbereitet. Damals versicherte er außerdem, es gebe in der Liga "noch bessere" Freistoßschützen als ihn. Diese These hat er, inzwischen Spieler des FC Augsburg, am Samstag allerdings durchaus herausgefordert. Denn wie genau soll sie aussehen, eine bessere Freistoßflanke als jene, die er beim 2:0-Sieg gegen Borussia Dortmund vor dem Führungstreffer schlug?

Caligiuri, 32, ist seit mehr als zehn Jahren Bundesligafußballer, 300 Bundesligaspiele hat er absolviert. Dass er in dieser Liga, in der er längst zum Inventar zu gehören schien, noch mal ein sogenannter Königstransfer sein könnte, das hätte er vielleicht selbst nicht gedacht. Doch wie er am Samstag das erste Tor vorlegte, mit einer scharfen und präzisen Vorlage vor dem Kopfball von Felix Uduokhai in der 40. Minute, und wie er das zweite nach einem Konter in der 54. Minute selbst erzielte und auch sonst in den Worten seines Trainers Heiko Herrlich "ein super Spiel" machte, da stand er nun mal wie kein Zweiter für den im Sommer entscheidend veränderten FC Augsburg. "Unser Kader funktioniert", sagte Manager Stefan Reuter, "wir haben eine gute Hierarchie in der Mannschaft, die Neuzugänge tragen dazu bei."

Der FCA spielt in diesem Jahr die zehnte Bundesligasaison der Vereinsgeschichte, zum ersten Mal ohne den langjährigen Kapitän Daniel Baier, der seine Karriere beendet hat, auch weil ihn Trainer Heiko Herrlich zum Ende der vergangenen Spielzeit oft auf die Bank setzte, um die neue Hierarchie ohne ihn zu forcieren. Außerdem verabschiedete sich Torwart Andreas Luthe; und Außenverteidiger Philipp Max, einer der besten Spieler der vergangenen Jahre, durfte nach Eindhoven wechseln. Vorher hatte der Klub jeweils ablösefrei drei Neue verpflichtet, die in dieser Saison die neue Achse sein sollen: Torwart Rafal Gikiewicz, Mittelfeldspieler Tobias Strobl, bislang nur Einwechselspieler - und der rechte Flügelspieler Caligiuri.

Dass ihm seine ersten Scorerpunkte für Augsburg nun gegen Dortmund gelangen, war eine Pointe: Schon für Schalke hatte er sich in den Revierderbys oft in den Vordergrund gespielt, das Tor am Samstag war sein sechstes gegen die Borussia. Doch es gehört zum Wesen des FC Augsburg, dass sie solche Pointen nicht so lustig finden wollen. "Nein", antwortete Trainer Herrlich auf die Frage nach Caligiuris möglicher Extra-Motivation gegen den BVB.

Und es waren auch ausschließlich die 6000 Fans im Stadion, die sich merklich an der Tabelle erfreuten. "Spitzenreiter, Spitzenreiter", riefen sie. Herrlich dagegen beantwortete selbst eine explizit mit Augenzwinkern formulierte Frage zur Eroberung von Platz eins für eine Nacht eher ohne Zwinkern. Und Manager Reuter lobte, dass auch die Augsburger Spieler die kurzzeitige Tabellenführung, die am Sonntag dann die TSG Hoffenheim übernahm, nicht zum Anlass für Überschwang nahmen. Zufrieden waren sie aber natürlich schon. In der vergangenen Saison hatte Augsburg wie in dieser mit Spielen gegen Dortmund und Union Berlin begonnen. Damals war die Bilanz ein Punkt und ein Torverhältnis von 2:6, diesmal sind es sechs Punkte bei 5:1 Toren. In seinem Wesen hat sich Augsburgs Spiel dabei bislang kaum verändert. "Wir haben uns darauf beschränkt, die Räume eng zu machen", sagte Herrlich, was natürlich viel einfacher klang, als es gegen den BVB war. Über elf Kilometer mehr als der Gegner liefen die Augsburger. Und mehr als elf Kilometer lief auch Daniel Caligiuri.

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SZ vom 28.09.2020
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